Eine deutliche Einschränkung des Einsatzes von Pestiziden fordert der Bundesfachbereich Naturschutz, Umwelt und Sanfter Tourismus (NUST) der NaturFreunde Deutschlands.
Lesen Sie hier seine sieben Forderungen an die Politik:
Der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln muss grundsätzlich reduziert werden
Wir brauchen ambitionierte, verbindliche und messbare Reduktionsziele für die konventionelle Landwirtschaft. Die konkreten Reduktionsvorgaben – wieviel reduzieren bis wann – müssen im Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) festgeschrieben werden, denn das Instrument der Pestizid-Zulassung bietet allein keinen ausreichenden Schutz für Mensch, Tier sowie für unsere Ökosysteme. Giftige Neonicotinoide dürfen überhaupt nicht eingesetzt werden. Gleiches gilt für Totalherbizide wie Glyphosat.
Das Zulassungsverfahren muss reformiert werden
Das Zulassungsverfahren ist zu verschärfen, denn es ist intransparent und industriefreundlich Es bedarf einer unabhängigen Prüfung der Langzeitfolgen von Pestiziden unter realistischen Bedingungen. Entsprechende Ergebnisse müssen in den Zulassungsverfahren Berücksichtigung finden. Besonders umwelt- und gesundheitsgefährdende Pestizide, insbesondere bienengefährliche Pestizide müssen verboten werden. Die Beurteilung aufgrund derer eine Pestizidzulassung erteilt wird, ist durch den Gesetzgeber offenzulegen. Die den Behörden von der Industrie vorgelegten Studien müssen von unabhängigen Experten geprüft werden.
Fiskalische Lenkungsinstrumente müssen genutzt werden, um den Pestizideinsatz zu reduzieren
Eine Pestizidabgabe muss umgehend eingeführt werden, denn das System des konventionellen Pflanzenschutzes verursacht versteckte Kosten, so für Umweltschäden, Ressourcenverschwendung, Wasseraufbereitung, Brunnenschließungen, Krankheitsbehandlungen und Bodenzerstörung. Landwirtschaftliche Produktionsmethoden, die Pestizide einsetzen, dürfen generell nicht subventioniert werden. Bei der nächsten Europäischen Agrarreform, spätestens ab dem Jahr 2020, muss dies endlich Berücksichtigung finden. Statt pauschaler Direktzahlungen in Abhängigkeit von der Größe der Fläche müssen Umweltleistungen steuerlich unterstützt werden.
Die „gute fachliche Praxis" muss neu definiert werden
Die zu hohen Belastungen von Flüssen, Bächen, Seen, Küstengewässern und des Grundwassers mit Pestiziden – dies sogar weltweit – zeigt, dass die bisherige „gute fachliche Praxis“ des Pflanzenschutzes versagt hat. Die „gute fachliche Praxis“ muss überarbeitet und konkretisiert werden: Es bedarf verbindlicher Vorgaben für Fruchtfolgen, insbesondere für den Anbau von Mais. Durch altbewährte pflanzenbauliche Maßnahmen wie eine mindestens dreigliedrige Fruchtfolge kann eine Massenvermehrung ertragsreduzierender Schädlinge vermieden werden. Ein Einsatz von Pestiziden in Natura-2000-Gebieten und auf ökologischen Vorrangflächen darf nicht länger Praxis bleiben. Dringend müssen auch Maßnahmen gegen die Pestizidabdrift festgeschrieben werden. Neben der direkten Abdrift kann es darüber hinaus zu indirekter Abdrift, verursacht durch thermische Luftbewegungen kommen.
Förderung und Nutzung von Alternativen
Der ökologische Landbau muss noch stärker als bisher unterstützt werden, denn er kommt ohne den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenbehandlungsmitteln aus. Der ökologische Landbau leistet dadurch einen erheblichen Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz und sorgt für eine hohe Biodiversität auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Alternative Pflanzenschutzmethoden müssen besser erforscht und vorangetrieben werden.
Untersuchung und Offenlegung der Pestizidbelastung von Bevölkerung und Umwelt
Die im Jahr 2013 stichprobenartig festgestellte Belastung der Bevölkerung mit Glyphosat muss mit einer wissenschaftlichen Studie überprüft werden. Die Pestizidindustrie muss offenlegen, welche bienengefährdenden Stoffe in welchen Mengen in welche Länder exportiert werden.
Der Pflanzenschutzmitteleinsatz muss besser kontrolliert werden
Der Vollzug beim Pestizideinsatz ist unzureichend. Der Pestizideinsatz muss wirkungsvoller kontrolliert und sanktioniert werden. Die Bundesländer müssen ein dichtes Kontrollnetz aufbauen. In Kommunen muss vollständig auf Pestizide verzichtet werden. Konventionelle Pestizide sind für den Privatverbrauch zu verbieten.
NaturFreunde-Bundesfachbereich Naturschutz, Umwelt und Sanfter Tourismus (NUST)
Oktober 2015