Ein Standpunkt von Annelie Buntenbach (DGB-Bundesvorstand)
„Das neue Rot der Arbeitnehmer ist blau“, behauptet die Internetseite von „AidA“ – nach eigenen Angaben die „alternative Interessenvertretung der Arbeitnehmer“. Die AfD will in den Betrieben Fuß fassen und tut so, als vertrete sie Beschäftigteninteressen.
Mittlerweile gibt es innerhalb der AfD gleich mehrere konkurrierende „Arbeitnehmerorganisationen“. Im Jahr 2019, so verkündete es AfD-Funktionär Guido Reil, will man eine eigene „Gewerkschaft“ gründen und damit in Konkurrenz zu den DGB-Gewerkschaften treten. Das sind vollmundige Ankündigungen – ich glaube aber nicht, dass es so kommt.
Die Bezeichnung „Arbeiterbewegung von rechts“ kann schnell auf eine falsche Fährte führen
Die Zunahme von Rassismus, klar völkisch-autoritären Haltungen und der Präsenz der extremen Rechten – ausgedrückt insbesondere im Aufschwung der AfD – als eine „Arbeiterbewegung von rechts“ zu bezeichnen, kann schnell auf eine falsche Fährte führen. Denn die Entzündungsherde für diese Entwicklung liegen ja nicht im Betrieb oder in den Anliegen der Arbeiterbewegung wie etwa Durchsetzung besserer Löhne, Begrenzung der Arbeitszeit, gleicher Lohn für gleiche Arbeit oder soziale Absicherung.
Das ist definitiv nicht der Antrieb der AfD, im Gegenteil: Die AfD oszilliert zwischen national-völkischen, rassistischen und neoliberalen Ansätzen. Nicht umsonst liegen völlig unterschiedliche Rentenkonzepte in der Partei auf dem Tisch, nicht umsonst tut man sich mit einer Positionierung in der Sozialpolitik schwer.
Menschenrechte und Demokratie sind die Basis der Gewerkschaften
Dennoch nehmen der DGB und die Einzelgewerkschaften solche Vereinnahmungsversuche ernst. In den Betrieben arbeiten Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur oder Religion zusammen. Unsere Betriebsräte, viele selbst mit Migrationshintergrund, setzen sich solidarisch für alle Beschäftigten ein. Wir werden im Betrieb nicht denen das Feld überlassen, die auf eine Spaltung der Belegschaft aus sind.
Sozialdarwinismus, Vorstellungen von „natürlicher Ungleichheit“ oder die Unterordnung in einem Führer-Gefolgschafts-Korsett lassen sich nicht mit Menschenrechten und Demokratie vereinbaren. Und beides ist für Gewerkschaften so existenziell wie die Luft zum Atmen. Deshalb setzen wir auf klare, unmissverständliche Abgrenzung gegenüber denjenigen, die in der AfD oder an anderer Stelle solche Spaltung, Ethnisierung und Ausgrenzung organisieren. Gleichzeitig versuchen wir diejenigen für die Demokratie (zurück) zu gewinnen, die sich politikverdrossen zurückgezogen haben oder die der Anziehung der AfD erlegen sind.
Gewerkschaften gegen Rechts
Als Gewerkschaften haben wir die dauerhafte Aufgabe, die Auseinandersetzung mit extrem rechten und rassistischen Haltungen zu befördern, auch in unseren eigenen Reihen. Dabei kämpfen wir jeden Tag um die Köpfe und Herzen der Arbeitnehmer*innen.
Denn unsere gewerkschaftlichen Grundwerte stehen dem, was die AfD will, diametral entgegen: Gewerkschaften sind die Organisationen, in denen sich Arbeitnehmer* innen zusammenschließen, um zu verhindern, dass sie gegeneinander ausgespielt werden. Die Spaltung in Arbeitnehmerschaft und Gesellschaft oder gar die Ausgrenzung verschiedener Gruppen, ist nicht nur menschlich widerwärtig und unsolidarisch, sondern läuft auch dem gewerkschaftlichen Organisationsziel zuwider.
Um Rechtsextremismus erfolgreich zu bekämpfen, brauchen wir mehrere Ansätze: Erstens müssen wir den Aktionsradius für extreme Rechte beschränken. Es darf nicht sein, dass Städte zum Daueraufmarschgebiet und Andersdenkende und Andersaussehende eingeschüchtert werden. Wir brauchen eine starke Zivilgesellschaft auf der Straße und einen handlungsfähigen Staat, wenn es um Verbote von Gruppen, Parteien, Vereinen geht oder von Hasspropaganda.
Daher müssen zweitens die demokratischen Kräfte unterstützt werden, die sich in der Auseinandersetzung mit der extremen Rechten engagieren. Das betrifft unsere eigenen gewerkschaftlichen Multiplikator*innen wie auch andere Akteure der demokratischen Zivilgesellschaft. Wir müssen sie schützen und ihnen Mut machen.
Und drittens müssen wir unsere eigenen Themen setzen und offensiv in den Betrieb, auf die Straße und in die Parlamente bringen.
Annelie Buntenbach
DGB-Bundesvorstand