Michael Müller über das Soziale Wandern
Bei NaturFreunde-Wanderungen geht es auch um die „Versöhnung der Menschheit mit der Natur und mit sich selbst“. Treffender als durch Friedrich Engels konnte das NaturFreunde-Ziel einer freien und sozialen Gesellschaft kaum formuliert werden.
Tatsächlich vertreten die NaturFreunde ein Naturverständnis, das nicht nur den kulturellen und sozialen Wandel, sondern auch das Verhältnis zur Natur historisch erklärt. Sie zeigen dafür gesellschaftliche Zusammenhänge auf und hinterfragen diese.
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Zum Beispiel mit dem Sozialen Wandern, wie es einst im Naturfreund beschrieben wurde: „Soziales Wandern besteht im Achten auf die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse und bezieht sich durchaus nicht nur auf die arbeitenden Menschen. Im Gegenteil, auch die Welt der Kapitalisten ist in das soziale Wandern einzubeziehen.“
Ihre Ideale von selbstbestimmter Freizeitgestaltung verbanden die NaturFreunde mit sozialer Demokratie. So kam es auch zu den Forderungen auf „Freie Wege“ und nach dem „Brechen des Privilegs der Reichen“. Bei Wanderungen wurden oftmals auch Arbeiter-Zeitungen in ländliche Regionen getragen und dort erklärt.
Wandernde NaturFreund*innen wurden so gleichsam zu Aposteln der Arbeiterbewegung, die die Ideen von Aufklärung und Demokratie verbreiteten. Für NaturFreund*innen war das Wandern ein notwendiger Beitrag gegen die Verelendung der Arbeiterschaft. In der Weimarer Republik etwa galt das Credo: „Durch Wandern zur Naturliebe, zur Naturerkenntnis, zur Naturwissenschaft und zur proletarischen Weltanschauung.“
Wandern heißt für NaturFreund*innen in erster Linie also nicht, in landschaftlich reizvollen Gastwirtschaften einzukehren oder immer neue Wege zu erlaufen. Stattdessen geht es darum, Muße und Erholung in der Natur mit Selbsterfahrung und Bildung zu verbinden. Soziales Wandern bedeutet heute: Solidarität mit ausgebeuteten Menschen und der ausgebeuteten Natur, um sowohl die Naturvergessenheit als auch die Naturzerstörung zu überwinden.
Michael Müller