Die wilde Argen

Die neue Flusslandschaft reicht vom Oberallgäu bis zum Bodensee

Das dürfte auch die Wildwasserfahrer unter den NaturFreunden interessieren: Die Argen, einer der letzten noch weitestgehend unverbauten Gebirgsflüsse Europas wird am Tag des Wassers (22. März) als Flusslandschaft der Jahre 2014/15 ausgezeichnet. Damit rückt ein im Oberallgäu entspringendes und in den Bodensee mündendes Fließgewässer in den bundesweiten NaturFreunde-Fokus, das sowohl für Anfänger im Kanusport geeignet ist, in einem seiner beiden Quellflüsse aber auch die Augen ausgewiesener Experten zum Leuchten bringen dürfte. Einige Passagen versprechen sehr schwieriges Wildwasser mit hohen Wasserfällen.

Doch dazu mehr im Infobereich dieses Artikels sowie in einer der folgenden Ausgaben der NATURFREUNDiN. Denn in erster Linie ist die Flusslandschaft des Jahres eine gemeinsame Kampagne von NaturFreunden und Anglern, die sich auf den Naturschutz und dabei insbesondere auf die Erhaltung einer gesunden aquatischen Umwelt konzentriert. Durch Veranstaltungen, Aktionen und Öffentlichkeitsarbeit soll die Bevölkerung für die natürlichen und kulturellen Schönheiten einzigartiger Flusslandschaften gewonnen, aber auch über die Bedrohung der jeweiligen Ökosysteme aufgeklärt werden.

Die 117 Kilometer lange Argen wurde von den NaturFreunden Ulm und der Stiftung Wilde Argen mit Unterstützung des Fischereivereins Wangen vorgeschlagen. Dieser „wilde voralpine Fluss“ entspringt gleich an zwei Orten: als Obere Argen bei Oberstaufen und als Untere Argen bei Missen im Allgäu. Südwestlich von Wangen vereinigen sich die beiden Quellflüsse dann, um zwischen Kressbronn und Langenargen in den Bodensee zu münden. Die Argen ist damit quasi ein Nebenfluss des Rheins.

Wer durch die Täler der Oberen und Unteren Argen wandert, kommt an vielen geologisch interessanten Stellen vorbei. Denn aufgrund des großen Gefälles zum Bodensee konnten sich die Untere und die Obere Argen nach dem Abschmelzen der eiszeitlichen Gletscher stark eingraben. Kastenartige Täler und Terrassen, Kiesflächen, von Felspartien und Rutschungen geprägte Steilhänge, Quellaustritte und kurzlebige Altarme prägen deshalb diese Flusslandschaft in ihren Oberläufen.

Eisvogel, Bekassine, Kreuzotter, Orchideen
Auf engstem Raum wechseln immer wieder Trocken- und Feuchtlebensräume mit einem entsprechenden Reichtum seltener Pflanzen und Tiere. Eisvogel und Bekassine, der gefährdete Gelbringfalter, Amphibien wie der Laubfrosch und die Gelbbauchunke, die Kreuzotter, seltene Orchideen und viele andere vom Aussterben bedrohten Tiere und Pflanzen haben hier ihre Lebensräume.

Für den Kampagnenzeitraum sind schon unzählige Aktionen geplant, Exkursionen natürlich, dann Vorträge, neue Bachpatenschaften, auch die Eröffnung eines Natura Trails. Und sicherlich auch Wanderungen: Insbesondere in den beiden Oberläufen ist diese Flusslandschaft ein wunderschönes und teilweise noch völlig unterschätztes Wandergebiet, sagt der Allgäuer Toni Gratz, Mitglied des Bundeslehrteams Wandern. Er schwärmt von einer Route durch die sogenannten Alpkönigdörfer und spricht von „Fernblicken wie im Bilderbuch“. Die NATURFREUNDiN wird einen seiner Wandertipps ausführlich in der Juniausgabe vorstellen und kontinuierlich über die neue Flusslandschaft berichten.

Walter Hudler / Samuel Lehmberg
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in NATURFREUNDiN 1-2014.