Der ungezügelte Kapitalismus zehrt Wirtschaft, Natur und Gesellschaft aus
Zum UN-Klimagipfel im südafrikanischen Durban erklärt der Bundesvorsitzende der NaturFreunde Deutschlands Michael Müller:
Was jetzt im südafrikanischen Durban begonnen hat, ist nur noch ein schlechtes Ritual: Delegationen aus 193 Staaten können vor Bedeutung kaum laufen, die Delegationsleiter geben sorgenvolle Interviews über die Lage der Welt. Tatsächlich aber tut sich nur wenig, damit die Konferenz ein Erfolg werden könnte. Am Ende des mit großer Wahrscheinlichkeit erneut kümmerlichen Klimagipfels wird dann erklärt werden, warum Durban fast ein Durchbruch war, der im Dezember 2012 auf der 18. UN-Klimakonferenz – dann aber ganz sicher – kommen wird.
Organisierte Verantwortungslosigkeit trotz immer neuer CO2-Rekorde
Es ist nur noch beschämend, was sich die Weltgemeinschaft seit Beginn der internationalen Klimakonferenzen im Jahr 1992 immer wieder aufs Neue leistet. Unter der Führung der USA und nun auch von China und Indien wird aus der Beschäftigung mit der Menschheitsherausforderung Klimawandel eine organisierte Verantwortungslosigkeit.
Dabei sind die Alarmsignale kräftiger denn je: 2010 erreichte die Welt einen neuen absoluten Rekordwert beim Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids. Und im nächsten Jahr läuft das Kyoto-Protokoll aus. Das war zwar unzureichend, hatte aber immerhin einige Industriestaaten zu marginalen Maßnahmen verpflichtet sowie die internationale Staatengemeinschaft immer wieder unter Druck gesetzt. Es hat die traurige Lage auch transparent gemacht.
Widerspruch zwischen Wissen und Handeln ist groß
Bei kaum einer anderen Herausforderung ist der Widerspruch zwischen Wissen und Handeln so groß wie bei der Erderhitzung. Seit nun 25 Jahren warnen die UN-Institutionen UNEP und WMO vor einem global zu erwartenden Temperaturanstieg von rund 2,5 bis drei Grad Celsius bis Ende unseres Jahrhunderts. Die wissenschaftlichen Belege sind eindeutig und dennoch geschieht kaum etwas. Wahrscheinlich ist selbst das „Zwei-Grad-Ziel“, auf das sich die Weltgemeinschaft nach hartem Ringen im letzten Jahr im mexikanischen Cancún verständigt hatte, nicht mehr zu erreichen. Dabei macht bereits eine derartige Erwärmung die Menschen in einem Teil der Erde, insbesondere in armen Regionen in Afrika und Asien, zu Opfern des Klimawandels.
Derzeit nimmt die Anreicherung von Kohlendioxid in der Erdatmosphäre um 2,3 parts per million (ppm) pro Jahr zu. Das bedeutet, dass die Menschheit spätestens in 30 Jahren die kritische Grenze von 450 ppm erreicht haben wird. Das bedeutet auch, dass dann eine globale Erwärmung um mehr als zwei Grad Celsius nicht mehr zu verhindern ist.
Wettlauf der Besessenen um mehr Wachstum
Der Klimagipfel in Durban wird zu einem teuren Spektakel, das der Welt zeigt, dass wir nicht nur von der Finanzkrise bedroht sind. Dabei hat alles eine gemeinsame Ursache: Die Auszehrung von Wirtschaft, Natur und Gesellschaft durch einen ungezügelten Kapitalismus. Solange die Weltgemeinschaft den Wettlauf der Besessenen um mehr Wachstum nicht beendet, wird das auch so bleiben.
Das ist die Lehre aus dem Trauerspiel, das in den nächsten zwei Wochen in Durban stattfindet.
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Michael Müller
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