Ein Fünftel nachhaltig

Münchner NaturFreunde haben überprüft, wie nachhaltig ihre Stadt einkauft

Öffentliche Auftraggeber geben Milliarden aus, wenn sie ihren Beschaffungsbedarf zwischen Büromaterial und Bereitstellung des öffentlichen Nahverkehrs decken. Im Jahr 2010 waren es in Deutschland knapp 480 Milliarden Euro. Die Hälfte davon entfiel auf Bund und Länder, die andere Hälfte auf die Kommunen. Die bayerische Landeshauptstadt München zum Beispiel hat ein jährliches Budget von fünf bis sechs Milliarden Euro.

Modernisiertes Vergaberecht

NaturFreunde im Bezirk München wollten nun wissen, wie nachhaltig ihre Verwaltung einkauft und hat Ausschreibungen der Stadt München analysiert. Insbesondere seit der im April 2016 in Kraft getretenen Modernisierung des europäischen Vergaberechts kann die Stadt auch die Erfüllung ökologischer und sozialer Kriterien in ihren Ausschreibungen fordern – sowohl vor dem Zuschlag als auch bei der Erbringung der Leistungen. Nun können sogar die Lebenszykluskosten eines Produkts zum Kriterium gemacht werden und damit die Umweltbilanz von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung. Andererseits: Keine Kommune ist gesetzlich verpflichtet, nachhaltige Ausschreibungskriterien auch tatsächlich einzusetzen.

Für ihre Analyse schrieben die NaturFreunde ein eigenes Computerprogramm, den NaturFreunde-Vergabemonitor. Das Programm schaut regelmäßig nach, ob die Stadt München neue Ausschreibungen veröffentlicht und untersucht dann, ob und welche nachhaltigen Kriterien darin enthalten sind. Zum Beispiel wird nach Labeln und Umweltsiegeln gesucht, aber auch nach einschlägigen DIN-Normen. Die Ergebnisse werden von einem Statistikprogramm ausgewertet, visualisiert und schließlich online auf http://nfmonitor.de/index.php?id=68 veröffentlicht. Bislang erbrachte der NaturFreunde-Vergabemonitor folgende Ergebnisse:

  • Soziale und ökologische Kriterien werden in den Ausschreibungen eingesetzt, allerdings nach Dienststellen unterschiedlich stark. Während das Baureferat bei EU-Verfahren diese Möglichkeit nur bei 6,5 Prozent der Ausschreibungen nutzt, sind es bei der Beschaffung von Verwaltungs-sachbedarf, Drucksachen, Einrichtungsgegen-ständen, Nutzholz, Brennstoffen, Textilien, Kraftfahrzeugen oder der Gebäude-reinigung schon 32 Prozent.
  • Im Münchner Durchschnitt enthalten etwa 20 Prozent der Ausschreibungen nachhaltige Zuschlagskriterien. Das ist sicherlich zu wenig, aber im Vergleich zu anderen Kommunen auch nicht ganz schlecht.
  • Mit der Modernisierung des europäischen Vergaberechts ist der Grad der nachhaltigen Ausschreibungen interessanterweise eher gesunken als gestiegen. Die Lebenszykluskosten sind bisher kein Kriterium.
Buchtipp: WEED
- Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V. (Hrsg.):
Gute Gründe für nachhaltige Beschaffung –
Argumentationshilfe für eine sozial und
ökologisch verantwortliche Beschaffung
in Berlin & anderswo; 24 Seiten; Eigenverlag,
Berlin, 2. Auflage, Oktober 2016;
Download: http://www.weed-online.org/themen/9601757.html

Münchens nachhaltiger Beschaffungsbericht

Der NaturFreunde-Vergabemonitor wird die Entwicklung der nachhaltigen Ausschreibungspraxis der Stadt München weiter verfolgen. Denn es scheint, als ob die Stadt selbst nicht so genau weiß, wie nachhaltig ihre Ausschreibungen tatsächlich sind. Zwar gibt es einen nachhaltigen Beschaffungsbericht der Stadt München, der zum Beispiel die Anzahl der eingekauften Sportbälle aus fairem Handel nennt. Doch NaturFreunde - Anfragen an verschiedene Ämter erbrachten nur Antworten, die zwar allesamt die hohe Qualität der Beschaffungsmaßnahmen lobten, im Ergebnis aber substanzlos waren.

Theo Strottner, NaturFreunde
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in NATURFREUNDiN 1-2017