Fußball-WM: Einige Gewinner und Verlierer stehen schon fest

NaturFreunde fordern grundlegende Reform der FIFA und des „Spitzensports“

Zur morgen beginnenden FIFA-Fußball Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien erklärt Uwe Hiksch, Mitglied des Bundesvorstands der NaturFreunde Deutschlands:

Millionen Fußballfans weltweit werden die Spiele der Fußball-WM in Brasilien verfolgen. Der Weltfußballverband FIFA und die Regierung Brasiliens haben angekündigt, dass diese Fußball-WM das „größte Fußballfest aller Zeiten“ werden soll. Doch schon jetzt stehen Gewinner und Verlierer außerhalb des grünen Rasens fest.

Zu den Hauptgewinnern gehört der Weltfußballverband FIFA. Die FIFA hat sich als Bedingung für die Austragung der WM in Brasilien vertraglich garantieren lassen, dass auf ihre Milliardengewinne keinerlei Steuern erhoben werden. Bei der WM 2010 in Südafrika hatte die FIFA Einnahmen von drei Milliarden Dollar, während der südafrikanische Staat bis heute auf mehr als drei Milliarden Dollar Verlusten sitzt, die von den Bürgern Südafrikas ausgeglichen werden müssen. Auch in Südafrika hatte die FIFA keinerlei Steuern gezahlt.

Durch die WM in Brasilien wird die FIFA voraussichtlich wieder mehrere Milliarden Dollar Reingewinn aus Sponsorengeldern, Werbeeinnahmen und Lizenzen erzielen. Auch die internationalen Konzerne, die die Fußball-WM als Träger für ihre Werbebotschaften nutzen, gehören zu den Gewinnern des sportlichen Megaereignisses.

Auf der anderen Seite wird es aber auch viele Verlierer geben: Zuallererst der brasilianische Staat, der für die Durchführung dieses Großereignisses mehr als elf Milliarden in den Neu- und Ausbau der Infrastruktur für die Fußball-WM investiert hat. Fünf Fußballstadien in São Paulo, Recife, Natal, Manaus und Cuiabá mit jeweils mindestens 45.000 Zuschauerplätzen mussten neu gebaut werden. Sieben weitere Austragungsstätten für die Fußball-WM mussten grundlegend saniert und ausgebaut werden. Die FIFA hatte von Brasilien verlangt, dass 690.000 Zuschauerplätze in 12 Stadien bereitstehen.

157.000 Soldaten und Polizisten müssen die Fußball-WM sichern
Alleine für die Sicherheit während der Fußball-WM wird Brasilien etwa 630 Millionen Euro ausgeben. Das brasilianische Verteidigungsministerium teilte mit, dass etwa 157.000 Soldaten und Polizisten zur Sicherung der Spiele eingesetzt werden. Extra für die Fußball-WM wurden weitere Patrouillenfahrzeuge, Flugzeuge, Computer und sogenannte „nichttödliche Distanzwaffen“ finanziert, die zum Teil aus Deutschland geliefert wurden.

Zu den großen Verlierern der Fußball-WM gehören auch die Hunderttausenden Menschen, die wegen der Fußball-WM zum Teil mit brutaler Gewalt aus ihren Wohnungen vertrieben worden waren. Örtliche Komitees sprechen davon, dass alleine in den zwölf Ausrichterstädten mehr als 250.000 Menschen aus ihren angestammten Wohnungen geräumt wurden. Die meisten Betroffenen mussten den Straßenbauprojekten der Regierung weichen, damit die von der FIFA vorgeschriebene Infrastruktur für die Weltmeisterschaft gebaut werden konnte. In mehreren Fällen rissen dabei Bulldozer oder Abrissfahrzeuge ohne Vorankündigung ganze Viertel ab. Auch Straßenhändler müssen um ihre Existenz bangen, da die WM-Sponsoren ihre exklusiven Verkaufsrechte im weiten Umfeld der Stadien durch Polizei und Sicherheitsdienste durchsetzen lassen.

Während Übertragungsrechte Milliarden einspielen, arbeiten Näherinnen für Hungerlöhne
Nicht zuletzt sind die Bauarbeiter und Arbeitnehmer in den Zulieferbetrieben die Verlierer der WM, weil sie unter teils menschenunwürdigen Bedingungen Fanartikel und Bauprojekte herstellen mussten. Adidas, Nike oder Puma verdienen mit den Fanartikeln Milliarden. Die Näherinnen und Näher in den „Sweatshops“ in Indonesien, China und Indien arbeiten für Hungerlöhne an den überteuerten Trikots, WM-Bällen und Fanartikeln.

Schon lange steht bei den Fußball-Weltmeisterschaften nicht mehr der Sport im Mittelpunkt, sondern die Milliardeninvestitionen und -gewinne. Brasilien selbst hat rund elf Milliarden Euro für das Spektakel im eigenen Land investiert. Allein für die Übertragungsrechte haben nationale und internationale Fernsehsender mindestens zehn Milliarden Euro an die FIFA gezahlt. Der Spitzensport im Rahmen solcher Megaereignisse ist längst zum Instrument von Profitinteressen der FIFA und ihrer Großsponsoren verkommen. Mit den eigentlichen Ideen von sportlichen Veranstaltungen hat die Fußball-WM der FIFA kaum noch etwas zu tun.

Die NaturFreunde Deutschlands setzen sich seit vielen Jahren für eine grundlegende Reform des Spitzensportes sowie die Stärkung des Breitensportes ein. Öffentliche Mittel für den hochkommerzialisierten Spitzensport, der längst ein Vehikel von Spitzenfunktionären und der Unterhaltungsindustrie geworden ist, müssen radikal gekürzt werden. Mit einer förderwürdigen, weil gesellschaftlich sinnvollen Arbeit, hat dieser medienaffine Spitzensport nichts mehr gemein. Die NaturFreunde Deutschlands erwarten zudem, dass die Gewinne dieses hochkommerzialisierten Teils des Sports voll versteuert werden.
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