Idealisten mit Handwagen, Pickeln und Schaufeln

Rund 2.500 Menschen weihten vor 90 Jahren das Naturfreundehaus Spatzennest ein

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Die Erschließung des Schwabenlandes durch Unterkünfte der NaturFreunde hat nach dem Ersten Weltkrieg immer weitere Kreise gezogen. So wurde auch unter Ulmer NaturFreunden der Wunsch lauter, ein eigenes Wanderheim zu besitzen. Mit viel Eigenleistung und Selbsthilfe würde man das Haus schon bauen können. Ein besonders attraktives Wandergebiet für die Ulmer NaturFreunde war das heutige Naturschutzgebiet Lautertal, das sich als kleines Trockental von den rauen Höhen der Alb in vielen Windungen bis zum Dörfchen Lautern schlängelt. Als Standort wurde eine Felsnase in der Nähe des Albdorfes Weidach ausgesucht und schließlich kaufte die Ortsgruppe Ulm zwei Grundstücke. Die Aussicht ist phänomenal. Gerade der Teil des Lautertales, der vom Haus aus zu sehen ist, dürfte wohl der schönste sein.

Immer sonntags wurde am Haus gearbeitet
So kam es, dass am 10. Mai 1924 einige unentwegte Idealisten einen kleinen Handwagen, beladen mit Pickeln und Schaufeln, die Weidacher Steige hinaufzogen und damit begannen, den Baugrund auszuheben. An den folgenden Sonntagen fuhren Ulmer NaturFreunde immer wieder nach Herrlingen, um nach einer dreiviertelstündigen Wanderung am Haus zu arbeiten. Während die Männer die Baugrube aushoben, holten die Frauen mit ihren Schürzen die Mauersteine aus einem nahe gelegenen Steinbruch.

Bevor die Betonierungsarbeiten im Winter 1924 fertiggestellt werden konnten, wurde am 14. September der Grundstein gelegt – vor einer stattlichen Zahl von Wanderfreunden. Das Haus wuchs und wuchs, auch wenn oft die notwenigen Mittel fehlten. Tatsächlich musste der damalige Vereinskassierer Georg Bader mit seinem persönlichen Eigentum die Bürgschaft für neue Kredite übernehmen. Doch mit einer Findigkeit, wie sie nur die Not erzwingt, wurde immer wieder ein gangbarer Weg gefunden. Am 4. Oktober 1925 konnte das Richtfest gefeiert werden und mit wechselndem Glück und Geschick wurde insgesamt drei Jahre gebaut.

Festzug zum Spatzennest
Am 5. Juni 1927 schließlich bewegte sich ein großer Festzug vom Herrlinger Bahnhof durch das Lautertal zum neuen Naturfreundehaus ,"Spatzennest“. Den Namen hatte sich NaturFreund „Vater Seidel“ ausgedacht und auch den NaturFreunde-Gruß ,,Berg frei!“ im Vorplatzboden in Terrazzo eingelegt. Rund 2.500 NaturFreunde und Gäste waren gekommen. Der Vorsitzende der NaturFreunde Internationale, der Wiener Nationalrat Karl Volkert, weihte das Haus. Seine Worte waren damals schon Mahnung vor dem, was eintreten könnte, wenn die schaffende Bevölkerung als Hauptträger eines jeden Staates den politischen Problemen nicht die genügende Beachtung schenkt.

Im ,,Spatzennest“ befanden sich nun im Souterrain ein Massenquartier und die Holzlege, im Parterre ein großer, geräumiger Aufenthaltsraum mit Erker, die Küche und das Hüttenwartszimmer, im ersten Stock zudem zwei Männerschlafräume, ein Frauenschlafraum und ein Zimmer für den Ferienaufenthalt. Auf dem Dachboden war ebenfalls ein Massenquartier eingerichtet. So bot das Naturfreundehaus Übernachtungsmöglichkeiten für etwa 100 Personen und die stolze Freude des gemeinsamen Besitzes erfüllte die Mitglieder.

80 NaturFreunde sind ehrenamtlich aktiv
Heute ist das Spatzennest immer noch ein sehr lebendiger Ort der Kultur mit vielen Veranstaltungen, Treffpunkt für NaturFreunde, Familien und Schulklassen. Ohne die Arbeit unserer Vorgänger, die das Naturfreundehaus immer wieder erweiterten und modernisierten, wäre das heutige Vereinsleben mit dem Spatzennest nicht möglich. Natürlich hat sich das Ehrenamt am Naturfreundehaus über die Jahrzehnte verändert. Doch am Spatzennest funktioniert es sehr gut. Rund 80 NaturFreunde jeden Alters kümmern sich um die Bewirtung mit regionalen Produkten, Übernachtungen, Pflege des Biotops und übernehmen Renovierungen am Haus. Das ist gelebte Solidarität, damit das Naturfreundehaus Spatzennest auch in Zukunft ein nachhaltiger Ort in der Nähe von Ulm bleiben kann.

Hans-Peter Zagermann, NaturFreunde Ulm
Erschienen in NATURFREUNDiN 3-2017
 

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89134 Blaustein-Weidach
Übernachtungsplätze vorhanden
teilbewirtschaftet (mit Getränken)

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