Die Leitideen der Außenpolitik müssen Vernunft, Aufklärung und Entspannung sein
Vor einer gefährlicheren politischen Lage durch den Fall Nawalny warnt Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands:
Ohne Zweifel ist der Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ein hinterhältiges und grausames Verbrechen, das restlos aufgeklärt werden muss. Nowitschok ist ein von der russischen Regierung scharf kontrollierter Nervenkampfstoff unter höchstem Verschluss. Aber die russische Regierung ist auch ein Meister der Nebelkerzen. Sie tut fast nichts, um das Attentat aufzuklären. Zum einen, weil dieses Verhalten zur russischen Politik gehört, zum anderen, weil in Zeiten eines neuen aggressiven Nationalismus weltweit das notwendige Grundvertrauen fehlt.
Alexej Nawalny war vor dem Attentat in Sibirien, um seine Unterstützer für die Wahl zu organisieren. Zugleich soll er, wie aus russischen Kreisen zu hören ist, korrupten Bauunternehmern auf der Spur gewesen sein, um über deren Machenschaften zu berichten. Ob und wieweit die russische Mafia mit Geheimdiensten und Militär verknüpft ist, um möglicherweise an Giftstoffe heranzukommen, gehört zu den zu klärenden Fragen.
Insofern ist jetzt Moskau am Zug. Hierzulande geht es allerdings weniger um Aufklärung statt ums Säbelrasseln. Vor allem aber zeigt sich der schlimme Fehler, dass nach 1990 trotz großer Versprechen die Fragen von Entspannung, Kooperation und Friedenspolitik keine Rolle mehr spielen. Europa wird gedanklich auf die EU reduziert und die EU-Politik mit der NATO gleichgesetzt. Insofern erleben wir heute auch die Folgen einer seit Jahren verfehlten Politik. Er fehlt an Grundvertrauen und Kooperation.
Wir dürfen nicht in den Kalten Krieg zurückfallen. Alle Beteiligten sollten dringend über entsprechende Folgen nachdenken. Die Bundeskanzlerin muss jetzt Klarheit schaffen.