NEIN zur Logik des Krieges – JA zur Sprache des Friedens

NaturFreunde-Antrag (A24) an den SPD-Bundesparteitag vom 8. bis 10. Dezember 2023 in Berlin

I. Krieg ist immer falsch. Auch der Krieg in der Ukraine. Er bringt jeden Tag mehr Leid, Zerstörung und Tod. Und das trifft vor allem sozial benachteiligte Menschen, die ohnehin durch Ungleichheit, Armut und Ausgrenzung bedroht sind. Und mit jedem Tag wächst das Risiko der Eskalation und Ausweitung. Denn Kriege kennen keine Grenze in sich. Alles muss getan werden, einen Ausblutungs- und Zermürbungskrieg zu verhindern. Und es darf kein Atomkrieg werden, der durch ein immer stärkeres Hereinziehen der NATO in denkbar wird.

Deshalb heißt heute die wichtigste Aufgabe: Frieden schaffen: „Lieber 100 Stunden umsonst verhandeln, als eine Minute schießen.“

NaturFreunde-Anträge an SPD-Bundesparteitage?
Die NaturFreunde Deutschlands sind als eine der SPD nahestehenden Organisation auf SPD-Parteitagen antragsberechtigt gemäß Paragraph 18 (3) SPD-Organisationsstatut.

Die Antwort auf den völkerrechtswidrigen, nicht zu rechtfertigenden Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine muss heißen: sofortiger Waffenstillstand! Einstieg in Verhandlungen über ein dauerhaftes Friedensabkommen und den Abzug der russischen Truppen sowie Verhandlungen über die Wiederherstellung der staatlichen Integrität und für eine stabile Friedensarchitektur in Europa! Dazu gehören der Verzicht der NATO auf den Beitritt der Ukraine und Verhandlungen unter dem Dach der OSZE oder der UNO, außerdem die internationale Aufarbeitung aller Kriegsverbrechen.

Diese Aufgabe ist nicht nur eine Erwartung an die Kriegsparteien, sondern auch an Gesamteuropa, primär die Verantwortung für eine Friedenslösung zu übernehmen, statt schwere Waffen in das Kriegsgebiet zu liefern. Wir setzen uns ein für ein friedliches, selbstbestimmtes Europa, so wie es in der Charta von Paris von 1990 niedergelegt wurde. Darunter fallen auch Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit für alle Europäer*innen.

Für die SPD gehören „Nie wieder Krieg“ und „Nie wieder Faschismus“ zusammen. Wir stellen uns jedem Imperialismus entgegen und an die Seite der kriegsgeplagten ukrainischen Bevölkerung sowie der unterdrückten russischen Zivilgesellschaft. Wir wenden uns gegen antislawistischen Rassismus und unterstützen alle Menschen, die vor Krieg und Gewalt fliehen.

II. Kriege fallen nicht vom Himmel, sie haben immer eine Vorgeschichte. Ihre Ursachen liegen in internationalen, militärischen wie politischen Machtverhältnissen, in wirtschaftlichen Interessen und Expansionsideologien, auch in sozialen Ungleichheiten, kulturellen Konflikten und heute insbesondere in ökologischen Gefahren, die vom Kampf um Öl und Ressourcen bis zu den heraufziehenden Bedrohungen der vom Menschen verursachten Klimakrise und Zerstörung der biologischen Vielfalt reichen.

Kriege haben immer schwerwiegende Folgen. Der Konflikt in der Ukraine ist in den letzten 20 Jahren durch verschiedenste Ereignisse, unter anderem durch die Annexion der Krim und dem Krieg in den Oblasten befördert worden. Er hat längst eine geostrategische Bedeutung angenommen. Er ist zu einem „Weltordnungskrieg“ geworden. Die Welt befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch, neue Bedrohungen sind hinzugekommen.

Die Pax Americana, die nach dem Ende des Ost-West-Konflikts und der Pax Atomica die Welt dominierte, ist vorbei. Vor allem China, aber auch Indien, Brasilien, Südafrika und Russland drängen auf eine Neuordnung der Welt. Nicht nur zwischen Washington und Moskau, sondern auch zwischen den USA und China stehen die Zeichen auf Kalten Krieg. Und die NATO soll anstelle der bisherigen westlichen Verteidigungsmacht gegen die UdSSR zu einer globalen Armee werden. Das Konzept NATO 2030 will von der Verteidigungsgemeinschaft zu einer Ausweitung des Militärs in Richtung Asien kommen.

Die USA drängen die Europäische Union, ihre Sicherheit in Europa stärker selbst zu übernehmen. Auf jeden Fall sollen die EU-Staaten die Rüstungsausgaben drastisch erhöhen. Wir erleben einen massiven Anstieg der Militärausgaben. Neue Antworten für eine Friedenspolitik sind notwendig.

Frieden und Demokratie sind nicht selbstverständlich, sie müssen politisch herbeigeführt werden. In vielen Staaten schreitet die soziale Spaltung voran und Rechtsextremismus breitet sich aus. Besorgt blicken wir derzeit auf die zunehmenden Auseinandersetzungen auf dem Balkan, das Fortschreiten des Demokratieabbaus durch nationalistische Regierungen in Ungarn und Polen sowie die Wiederkehr von (Post-) Faschist*innen in der italienischen Regierung.

In den 1980er-Jahren wurden von der UNO die programmatischen Grundlagen für die Gestaltung einer Weltinnenpolitik gelegt. Daran müssen wir heute wieder anknüpfen, statt im Krieg die Begründung für eine Militarisierung der Welt zu sehen. Das ist für eine unvertretbare Fehlentwicklung, die in einem grundsätzlichen Gegensatz zur Friedens- und Entspannungspolitik steht.

III. Der Krieg in der Ukraine macht deutlich, dass Entspannung und gemeinsame Sicherheit neu belebt werden müssen. Dafür unterstützt die SPD das Konzept „Gemeinsame Sicherheit 2022“, das vom Olof-Palme-Institut, dem Internationalen Gewerkschaftsbund und dem Internationalen Friedensbüro vorgelegt wurde.

In unserer Zeit, in der die gegenseitigen Verflechtungen und Abhängigkeiten ständig zunehmen, in der sich Krisen grenzüberschreitend auswirken, in der Waffensysteme jeden Punkt der Erde erreichen können, kann internationale Sicherheit keine militärische Frage sein und schon gar nicht einseitig erlangt werden. Notwendig ist ein System gegenseitiger Sicherheit.

Das Ende des menschlichen Lebens wird zudem nicht nur durch Aufrüstung und Krieg, sondern auch durch die Überlastung und Zerstörung der Natur denkbar. Schon bald können die Industrialisierung der Welt zusammen mit der Erderwärmung, Peak Oil, Peak Water und dem Zusammenbruch landwirtschaftlicher Systeme negative Synergien auslösen, deren destruktive Folgen jenseits unserer Vorstellungskraft liegen.

Durch den Anstieg der Treibhausgase wird die erste kritische Marke der Erderwärmung schon im Jahr 2024 erreicht sein, der vor allem ärmere Weltregionen wie Afrika treffen wird. Die Klimakrise spaltet mehr und mehr die Welt. Große Migrationsbewegungen und erbitterte Verteilungskämpfe um Wasser, Ernährung und Land drohen die Zukunft zu bestimmen. Der alte Kolonialismus der Welt findet in neuen ökologischen Formen seine Fortsetzung. Zu erwarten ist, dass ein reicher Teil der Welt versuchen wird, sich in grünen Oasen des Wohlstands von der unwirtlich werdenden Welt abzuschotten. Und das führt zu militärischen Mittel.

IV. Notwendig ist ein grundlegender Kurswechsel, sowohl durch ein System gemeinsamer Sicherheit als auch durch die sozial-ökologische Gestaltung der Transformation, die zu einer nachhaltigen Entwicklung führen und den Zusammenhalt Europas stärken muss. Die Wegscheide wird immer deutlicher: Entweder kommt es zu einer neuen Phase von Abrüstung, Entspannung und friedlicher Zusammenarbeit oder die globalen Konflikte münden in neuer Gewalt.

Die SPD stellt fest: Wir müssen zu einer nachhaltigen Welt kommen und abrüsten. Es ist höchste Zeit, das Ruder rumzureißen, damit es zu einer friedlichen Welt kommt.