Nicht Neukölln ist überall, sondern Heinz Buschkowsky

Idee der sozialen Integration darf in einer zusammenwachsenden Welt nicht abgeschrieben werden

Heinz Buschkowsky habe in seinem Buch „Neukölln ist überall“ bestimmte Phänomene beschrieben, die einer ganz spezifischen Erfahrungswelt entstammten, erklärte der Bundesvorsitzende der NaturFreunde Deutschlands Michael Müller. Doch weder diese Erfahrungswelt noch Berlin-Neukölln dürften allgemein gesetzt werden. Die Herausforderungen der Integration müssten differenzierter bewertet werden. Denn die Frage bleibe, ob eine zusammenwachsende Welt auch zum Zusammenwachsen fähig sein könne, so Müller.

Heinz Buschkowsky, Bürgermeister von Berlin-Neukölln, hat ein Buch geschrieben, dessen Themen schnell für Vorurteile und Überfremdungsängste mobilisiert werden können. Nicht zuletzt deshalb wurde es von einigen Medien zum Verkaufsrenner hoch geschrieben und steht – wie vorher das autistische Buch von Thilo Sarrazin – auf Platz 1 der Bestsellerliste: Neukölln ist überall. Buschkowsky sage, was sich in Deutschland dringend ändern müsse, hatte der Verlag großspurig angekündigt. Dicker geht es nicht. Aber deshalb ist es auch unsere Pflicht, Stellung zu beziehen.

Natürlich ist die Integration ein wichtiges Thema der innen- wie auch der außenpolitischen Debatte. Aber wie kein anderes ist es ein Thema, welches offensichtlich mehr die Emotionen als den Verstand mobilisiert, mit dem sich Urteile finden und Vorurteile verfestigen lassen. Tatsächlich ist nicht Neukölln überall, sondern Buschkowsky ist überall.

Meinungsbildende Mittelschicht überzeichnet soziale Probleme auch aus Abstiegsangst
Es ist wichtig, in einer Welt der offenen Grenzen, in der Differenzierungen und kulturelle Identitäten zunehmend verloren gehen, Klarheit zu schaffen und sich sowohl der Vorteile wie auch der Gefahren und Herausforderungen bewusst zu werden. Natürlich gibt es auch misslungene Integrationsbemühungen, natürlich gibt es auch Gewalt, natürlich gibt es auch Abschottung, Spaltungen, Parallelgesellschaften. Richtig ist aber auch, dass eine meinungsbildende Mittelschicht von den sozialen Problemen oftmals entweder nicht betroffen ist oder sie aus Abstiegsangst überzeichnet.

Umso wichtiger ist es deshalb, zu einer differenzierten Bewertung zu kommen und Teilwahrheiten nicht absolut zu setzen. In seinem Buch hat Heinz Buschkowsky bestimmte Phänomene beschrieben, die aber einer ganz spezifischen Erfahrungswelt entstammen. Weder diese Erfahrungswelt noch Berlin-Neukölln dürfen allgemein gesetzt werden. Wir können aus den Beispielen von Neukölln lernen, dürfen die negativen aber nicht zum Maßstab für eine misslungene Integration machen. Das wird der Realität nicht gerecht.

Versäumnisse der Integrationsbemühungen dürfen nicht überhöht werden
Die Geschichte der Integration ist zwar auf vielen Seiten eine Geschichte der Versäumnisse. Doch weder sollten diese Versäumnisse überhöht noch die Idee der sozialen Integration gänzlich abgeschrieben werden. Längst überfällig ist ein realistischer Blick ohne falsche Zuspitzungen, aber auch ohne weltfremde Verklärungen. Denn die Frage bleibt: Kann eine zusammenwachsende Welt auch zum Zusammenwachsen fähig sein?

Die jetzt schon 117-jährige Geschichte der NaturFreunde ist eine Erfolgsgeschichte der Solidarität und des Internationalismus. Dabei haben sich die NaturFreunde immer für Verständigung und Empathie eingesetzt. Gerechtigkeit, faire Chancen, Demokratie und Bildung sind die Kernfragen der Integration. Da bleibt noch viel zu tun, und zwar überall.
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