Dieser „Hochwassergipfel“ muss ein Gipfel der Wahrheit werden

Die Forderungen der NaturFreunde Deutschlands an Bund und Länder

„Dieser ‚Hochwassergipfel‘ muss nicht nur klare Hilfs- und Unterstützungszusagen für die Betroffenen machen, er muss auch ein Gipfel der Wahrheit werden“, fordert Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands, vor dem am heutigen Donnerstag stattfindenden Treffen von Bundeskanzlerin Merkel mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer. „Die Gefahren waren bekannt und wurden ignoriert. Der Klimaschutz darf nicht länger eine Ankündigungspolitik bleiben und die Länder müssen akzeptieren, dass ein Hochwasserschutzgesetz für Deutschland nicht an einzelnen Landesinteressen scheitern darf!“ Michael Müller erklärt im Einzelnen:

Die Menschen in den Hochwasserregionen haben eindrucksvoll gezeigt, dass die Solidarität immer noch eine ganz starke Kraft ist. Jetzt aber brauchen sie eine Perspektive für den Wiederaufbau. Das ist vor allem eine Aufgabe der öffentlichen Hand, immerhin schließen die Versicherungen schon seit langer Zeit keine Verträge mehr für Flussanlieger ab und die Zahl der Altverträge wird stetig kleiner.

Die NaturFreunde Deutschlands, im Jahr 2002 mit ihrem Familienerholungsheim in Königstein in Sachsen selbst massiv vom Hochwasser der Elbe betroffen, stellen folgende Forderungen:
1. Das ursprüngliche Hochwasserschutzgesetz aus dem Jahr 2002, das vom damaligen Bundesrat im wahrsten Sinne des Wortes verwässert wurde, muss jetzt umgesetzt werden. Grundlage für einen effektiven Hochwasserschutz muss mindestens das sogenannte „200-jährige Hochwasser“ sein. Nach dieser Vorgabe müssen Flächen kartiert und überplant werden. Hinzu kommen mehr Versickerungsflächen und Überschwemmungsgebiete vor allem an den Oberläufen der Flüsse.

2. Bund und Länder müssen Umbaumaßnahmen für ökologische Städte und ökologische Regionen fördern, etwa die Entsiegelung von Flächen, die Schaffung von Freiflächen und begrünten Plätzen oder die Begrünung von Gebäuden.

3. Die öffentliche Hand muss für den Wiederaufbau Finanzmittel wie im Umfang von 2002 bereitstellen.

4. Der Bund muss gesetzliche Regelungen schaffen, dass Versicherungen wieder echte Hilfe und Solidarität für Bedrohungen anbieten. Diese dürfen sich nicht länger der Aufgabe entziehen, den Menschen in Hochwasserregionen zu helfen. Sie müssen in ausreichendem Umfang und zu sozial vertretbaren Kosten für die Anlieger Versicherungsdienstleistungen zur Verfügung stellen.

5. Der Klimaschutz darf nicht länger eine Ankündigungspolitik bleiben, sondern muss jetzt endlich umgesetzt werden. Die aktuelle Hochwasserkatastrophe zeigt deutlich, dass vom Klimawandel nicht nur global weit entfernte Gebiete betroffen sind, sondern eben auch Mitteleuropa. Und sie zeigt, dass die Erderhitzung neben ökologischen und sozialen auch massive ökonomische Konsequenzen hat.

6. Die Politik muss endlich anerkennen, dass der Mensch zum stärksten Treiber geologischer und ökologischer Veränderungen geworden ist. Wir leben im Menschenzeitalter, dem sogenannten Anthropozän. Dass der Mensch mit all seinen Handlungen immer und unweigerlich die Natur formt, hat nicht nur weitreichende Konsequenzen für die Energiewende, sondern auch für die Stadt- und Regionalplanung, die kommunale Ökologie und die Freiflächenplanung. Dabei sind mehr Starkregen nur die eine Seite der Medaille: Prognostiziert werden auch stärkere Hitzeperioden. Der Mensch macht das Wetter immer extremer.

Dieser „Hochwassergipfel“ muss aber auch ein Gipfel der Wahrheit werden, denn
> die Gefahren waren bekannt – und wurden ignoriert. Trotz eindeutiger Studien wurde das Notwendige nicht umgesetzt. Zuletzt hatten vor einem Jahr das Umweltbundesamt, der Deutsche Wetterdienst und der Katastrophenschutz in einer gemeinsamen Studie darauf hingewiesen, dass Überflutungen durch Starkregen in Deutschland zunehmen werden;

> 2002 hatten CDU/CSU und FDP (die damaligen Parteivorsitzenden waren Angela Merkel und Guido Westerwelle) einen konsequenten Hochwasserschutz im Bundestag abgelehnt. Mit ihrer Mehrheit im Bundesrat hatten die CDU/CSU- und FDP-regierten Länder zusammen mit dem damals rot-gelben Rheinland-Pfalz das Gesetz im Bundesrat gestoppt und wesentlich abgeschwächt;

> die Länder müssen akzeptieren, dass ein Hochwasserschutzgesetz für Deutschland nicht an einzelnen Landesinteressen scheitern darf;

> die FDP muss jetzt endlich aufhören, illusionäre Steuersenkungen zu versprechen. Der Bundeshaushalt muss gestärkt werden.
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