Was NaturFreunde im Bundestag zum transatlantischen Freihandelsabkommen sagen

Die geplanten Freihandelsverträge TTIP und CETA sind heiß umstritten. Knapp zwei Millionen Europäer – darunter viele NaturFreunde – haben bereits die Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA unterschrieben. Kritik üben auch viele Organisationen – vom Deutschen Kulturrat über Naturschutzverbände und Gewerkschaften bis hin zu den Katholischen Bischöfen.

Trotzdem verhandelt die EU weiter mit den USA (über TTIP) und Kanada (über CETA) und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel wiegelt ab: Nur wenn europäische Standards im Arbeitsrecht, beim Verbraucherschutz, in der Umweltpolitik und in der kommunalen Daseinsvorsorge gesichert würden, werde Deutschland dem Vertragswerk auch zustimmen.

Der 29. NaturFreunde-Bundeskongress hatte bereits im April 2014 die Bundesregierung aufgefordert, alles zu tun, damit die EU-Kommission die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen sofort beendet und stattdessen auf eine transatlantische Partnerschaft für eine sozialökologische Transformation hinarbeitet. Denn die NaturFreunde fürchten, dass die beteiligten Staaten durch die Freihandelsabkommen noch tiefer in die Geiselhaft der Märkte geraten.

Die NATURFREUNDiN fragte nun die Mitglieder der „Bundestagsfraktion der NaturFreunde Deutschlands“: „Teilst du die Bedenken der NaturFreunde oder teilst du sie nicht?“ Lesen Sie die Auszüge einiger Antworten hier.

Ich teile die Bedenken der NaturFreunde Deutschlands, …

„weil TTIP intransparent ist. Die Folgen für soziale und ökologische Standards sind nicht abzusehen. Das Sonderklagerecht ist absurd. Ich würde niemals einem Beschluss zustimmen, der in so geheimer, nicht legitimierter Art ausgehandelt wird.“
Marco Bülow (SPD | Bundesgruppe)

„weil die Vorschläge nicht beantworten, wie einerseits Wachstum und Wohlstand für breite Bevölkerungsschichten entstehen sollen und andererseits eklatante Mängel behoben werden können: die Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS), die unverbindlichen Vereinbarungen zu Sozialstandards oder die Unbestimmtheit bei der Liberalisierung von Dienstleistungen.“
Hilde Mattheis (SPD | Ortsgruppe Ulm)

„weil ich gegen die Herabsetzung der uns noch verbliebenen Sozial-, Gesundheits- und Umweltstandards bin. Die Neoliberalisierung der Welt muss gestoppt werden.“
Inge Höger (Linke | Ortsgruppe Herford)

„weil Bundesregierung und EU-Kommission mit TTIP Umwelt und Verbraucherstandards verramschen, die demokratische Kultur beschädigen und Großkonzerne zusätzlich privilegieren würden. Dieses Machwerk gehört in den Papierkorb.“
Anton Hofreiter (Grüne | Bezirk München)

„weil TTIP die Rechte von Arbeitnehmern gefährdet und erkämpfte Umweltstandards bedroht.“
Annette Groth (Linke | OG Stuttgart)

„weil ich Freihandelsabkommen zwischen Staaten, die über entwickelte Rechtssysteme verfügen, nicht zustimmen kann, wenn sie ausländischen Unternehmen über den Investitionsschutz zu Sonderrechten gegenüber Staaten verhelfen.“
Nina Scheer (SPD | OG Ahrensburg)

„weil ein Abkommen, das so weitreichende Konsequenzen hätte wie TTIP, nicht ohne die höchstmögliche demokratische  Partizipation verhandelt und beschlossen werden darf.“
René Röspel (SPD | OG Hagen)

„weil TTIP ein Instrument in den Händen der Konzerne ist, um Sozialgesetze auszuhebeln.“
Christine Buchholz (Linke | OG Offenbach)

Ich teile die Bedenken der NaturFreunde Deutschlands nicht, …

"weil viele Äußerungen in der NaturFreunde-Resolution nicht mehr den Fakten entsprechen. Ich unterstütze die EU in ihrem Ziel, die Verhandlungen zu einem positiven Ergebnis zu führen. Eine Einigung um jeden Preis gibt es mit uns aber nicht. Weder dürfen Arbeitnehmerrechte in Frage gestellt, noch die kommunale Daseinsvorsorge gefährdet werden. Eine Nivellierung von Umwelt-, Verbraucher- und Datenschutzstandards wird es mit der SPD nicht geben. Auch das Recht auf staatliche Regulierung muss geschützt bleiben. Mit unserem Vorschlag für einen transparenten Handelsgerichtshof im Bereich ISDS stellen wir das sicher.“
Axel Schäfer (SPD | OG Bochum-Linden-Dahlhausen)

„weil ich überzeugt bin, dass TTIP den Menschen nutzen und sich positiv auf zwei führende Industrieregionen der Welt auswirken wird. Die SPD setzt sich aktiv dafür ein, dass keine staatlichen Gesetze, etwa zum Umweltschutz oder zum Sozialstandard ausgehebelt werden können. Deswegen schlagen wir auch eine Reform der Schiedsgerichtsbarkeit vor.“
Christian Lange (SPD | OG Backnang)

„weil ich aufgrund der geo-ökonomischen Prognosen das Freihandelsabkommen erst mal grundsätzlich positiv sehe. Allerdings hat das europäische Modell zu besonderen Standards im Bereich des Sozialwesens, der Umwelt, des Verbraucherschutzes und der Kultur geführt, die durch TTIP nicht gefährdet werden dürfen.“
Siegmund Ehrmann (SPD | OG Moers)

„weil das Freihandelsabkommen ein wichtiger Schritt ist für uns hin zu einer Stärkung unserer Wirtschaft und des Verbraucherschutzes im weltweiten Wettbewerb um Standards. Wir sollten gemeinsam dafür kämpfen, dass TTIP unter Wahrung unserer Interessen zeitnah realisiert wird.“
Roderich Kiesewetter (CDU | OG Unterkochen)

Ich stehe zwischen beiden Positionen ...

„Ich verstehe die Bedenken der NaturFreunde. Vor Kurzem haben mehrere europäische sozialdemokratische Handelsminister, darunter Sigmar Gabriel, ein Positionspapier zum Investitionsschutz in Handelsabkommen erarbeitet. Die darin enthaltenen Forderungen, wie etwa die Einrichtung eines internationalen Handels- und Investitionsgerichtes, unterstütze ich sehr.“
Edelgard Bulmahn (SPD | OG Hannover)

„Auch ich bin für eine transatlantische Partnerschaft mit sozialökologischer Transformation. Deshalb bin ich auch für eine kritische Betrachtung der Ergebnisse. Für mich gilt der Parteikonventsbeschluss der SPD.“
Katja Mast (SPD | OG Keltern-Dietlingen)

„Die Entscheidung für oder gegen das Abkommen muss am Ende nach der Bewertung des ausgehandelten Vertragstextes erfolgen. Die meisten Sorgen machen mir derzeit die Punkte Investorenschutz, Schiedsgerichtsverfahren und Erhalt der öffentlichen Daseinsvorsorge.“
Ute Vogt (SPD | OG Stuttgart-Botnang)

„Ich bin nicht prinzipiell gegen Freihandel, aber die Bedingungen müssen stimmen. Soziale, ökologische oder verbraucherrechtliche Standards dürfen nicht abgesetzt, die Daseinsvorsorge in kommunaler Hand nicht in Frage gestellt werden und der Investitionsschutz nicht vor privaten Schiedsgerichten landen.“
Oliver Kaczmarek (SPD | LV NRW)

„Grundsätzlich bin ich für Freihandelsabkommen. Viele unserer Arbeitsplätze sind abhängig vom Export. Aber TTIP und CETA nicht um jeden Preis: Keine Absenkung von Standards, keine Sonderrechte und private Schiedsstellen für ausländische Investoren.“
Martin Rosemann (SPD | OG Tübingen)

„Für mich ist entscheidend, dass TTIP nicht nur der Wirtschaft nutzt, sondern die Interessen der Bürger gewahrt bleiben. Handelshemmnisse wie Zölle sollen fallen, Arbeits-, Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards hingegen nicht. Politische Gestaltungsspielräume dürfen durch ein solches Abkommen nicht eingeschränkt werden.“
Christine Lambrecht (SPD | OG Viernheim)

Der Handel ist kein Selbstzweck

Bernd Lange (SPD), Vorsitzender des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments und NaturFreund aus Hannover, hat Forderungen und Bedingungen des EU-Parlaments für TTIP zusammengestellt:

„Der Handel ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zum Zweck. Europäische Handelsabkommen müssen einen Beitrag zu nachhaltigem Wachstum, fairen Arbeitsbedingungen und hohen Umwelt- und Verbraucherstandards leisten. Zunehmender Wettbewerb darf nicht zu Sozialdumping führen. Diesen Grundsätzen muss sich auch ein mögliches Handelsabkommen mit den USA unterordnen.

Kein Abkommen dieser Welt ist es wert, unsere europäischen Standards in Frage zu stellen. Öffentliche Dienstleistungen sowie die kulturelle und sprachliche Vielfalt der Union und ihrer Mitgliedstaaten stehen nicht zur Verhandlung – ohne Wenn und Aber! Außerdem wollen die europäischen Bürgerinnen und Bürger keine Paralleljustiz für Großkonzerne.

Diese Sorgen nehmen wir ernst, das muss auch die EU-Kommission begreifen. Wir brauchen keine ISDS-Regeln zwischen der EU und den USA. Die Kommission muss von ihrer bisherigen Position abrücken und einen neuen Kurs einschlagen.“