Pariser Klimaabkommen: Die Zeit läuft uns weg

NaturFreunde fordern Klarstellung, was „klimaneutral“ bedeutet

Vor fünf Jahren, am 12. Dezember 2015, wurde mit lautem Jubel das Pariser Abkommen zum Klimaschutz verkündet und als Jahrhundertabkommen gewertet. Fünf Jahre später müsse ein ehrlicher Blick zu dem Ergebnis kommen, dass uns die Zeit wegläuft, warnt Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands:

Selbst wenn alle nationalen Selbstverpflichtungen von Paris umgesetzt würden, käme es zu einer Erwärmung von 2,8 Grad Celsius. Und würde die vor Paris geltende Wahrscheinlichkeitsrechnung zur Grundlage gemacht, sogar zu 3,2 Grad Temperaturanstieg. Die Pariser Klimaversprechen reichen nicht aus und viele Länder hinken hinter ihren eigenen Ankündigungen zurück. Zudem ist mit Brasilien der zwölftgrößte Klimasünder ausgestiegen und die USA waren zumindest unter Trump nicht dabei. Die Zeit läuft uns weg, das ist ganz klar.

Das Pariser Abkommen war nur ein Zwischenschritt im Klimaschutz. Wir müssen jetzt den ganzen Weg gehen. Die Ankündigungen müssen umgesetzt und die Verwässerungen beseitigt werden. Denn statt den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen im Vertrag zu fixieren, ging es damals auf einmal um Klimaneutralität. Wie soll diese ohne einen Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen erreicht werden? Durch Geoengineering, Atomenergie, Kohlendioxid-Abscheidung? Eine klare Interpretation fehlt bis heute.

Das Kernproblem des Pariser Vertrages aber ist, dass die meisten Akteure nur das Neue wollen, jedoch keine Transformationsstrategie für das Alte haben. Die ist schon deshalb wichtig, um die Felder Arbeit und Umwelt miteinander zu verbinden. So wurde die Energiewende auf die Erneuerbaren reduziert, aber die Effizienzrevolution, die für ein Industrieland von zentraler Bedeutung ist, blieb aus und wurde zur Fußnote.

Vermutlich in zwanzig bis dreiundzwanzig Jahren wird eine globale Erwärmung von 1,5 Grad Celsius erreicht. Viele reden mittlerweile nur noch von der 2-Grad-Marke, die leider von Klimawissenschaftlern, die das 1,5-Grad-Ziel für nicht mehr möglich angesehen haben, in die Welt gesetzt wurde. Doch schon bei 1,8 Grad-Celsius sterben zum Beispiel die Korallenriffe, das zweitgrößte Öko-System der Welt, unwiderruflich ab. Der Schaden wäre unersetzlich.

Dabei waren wir schon weiter: Vor dreißig Jahren hatte der Bundestag – einstimmig – das weltweit erste Klimaschutzprogramm verabschiedet, welches bei Umsetzung bis heute eine Treibhausgasreduktion von rund 70 Prozent erreicht hätte. Sogar das Kabinett Kohl hatte daraus mit leichter Abschwächung ein Regierungsziel gemacht. Diese Chance wurde allerdings vertan.

Heute, unter Corona-Bedingungen und entleerten Staatskassen, ist echter Klimaschutz noch viel schwieriger. Was seit Beginn der Klimadebatte  fehlt, ist eine wirtschaftliche, technologische und gesellschaftliche Reformstrategie, um „Mit der Ökologie aus der Krise“ zu kommen. Dieses Ziel hat bisher keine Partei zum Programm gemacht.

Die NaturFreunde Deutschlands werden weiter dafür kämpfen.