Die Atomkraft kann das Klimaproblem nicht lösen

Klima-Enquete des Bundestages plädierte für Minimierung des Energieeinsatzes

Zur Weltklimakonferenz in Glasgow werden die Stimmen wieder laut, die eine Rückkehr zur Atomenergie fordern. Insbesondere die Springer-Presse tue sich hier hervor, kritisiert Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands, und verweist auf gegenteilige Erkenntnisse der Klima-Enquete zur Atomkraft:

Sie kommen immer mit der gleichen Mär: Atomenergie sei klimaneutral und biete den bisher stärksten Beitrag zum Schutz des Gleichgewichts in der Troposphäre. Doch diese Argumentation ist einseitig, oberflächlich im Umgang mit den Fakten und bereits oft genug widerlegt.

Zum einen ist es grundlegend falsch, die Pest durch Cholera zu ersetzen. Zum anderen kam schon die ehemalige Klima-Enquete des Deutschen Bundestages, der auch hochrangige Klima- und Energiewissenschaftler angehörten, zu dem Ergebnis, dass die ineffiziente Atomenergie das Klimaproblem nicht lösen kann.

Die Grundlage für diese Einschätzung waren Studien der Weltenergiekonferenz. Die zeigten, dass selbst bei einer enormen Vervielfachung des Atomstroms die Treibhausgasemissionen unverantwortlich ansteigen. Die einstimmige Schlussfolgerung aus den damaligen Enquete-Beratungen war, dass es keinen Lösungsweg für das Klimaproblem gibt, der auf eine Verschiebung zwischen den Energieträgern abzielt. Vielmehr kommt es darauf an, Energiestrukturen zu schaffen, die über die gesamte Prozesskette – auf der Angebots- wie auf der Nachfrageseite – eine Minimierung des Energieeinsatzes zum Ziel haben.

Das ist mit den technischen Anforderungen und systemischen Strukturen der inflexiblen Atomenergie nicht möglich. Insofern ist die Schlüsselfrage nicht die reine Stromerzeugung, sondern die gesamte Produktionskette, bei der GEMIS-Berechnungen sogar zeigen, dass GuD-betriebene Gaskraftwerke besser sind, und bei der effizientere und klimaverträgliche, vor allem dezentrale Energiedienstleistungen möglich werden.

Dass die Springer-Presse das nicht aufzeigt, ist nicht neu. Aber dass sie bei ihrem Plädoyer für die Atomenergie nicht wenigstens auf die Gefahren und Risiken dieser Technologie hinweist, ist schon dürftig. Nichts ist zu lesen von der ungelösten Atommüllfrage, nichts von den beiden Super-GAU und den vielen Beinahe-Katastrophen.

Dabei gibt es durchaus kritische Punkte in der deutschen Energiewende: Die Effizienzfrage kommt ebenso zu kurz wie eine systematische Einsparung. Von dezentralen Strukturen ist noch immer wenig zu sehen und die hoffnungsvollen Ansätze der „Bürgerenergie“ wurden schnell gestutzt.

Die Klimakrise ist zu schwerwiegend, als dass die Schlachten von gestern wiederholt werden sollten. Es wäre gut, auch in der Springer-Presse mal einige Seiten zur Integration von Umwelt- und Klimapolitik in die Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik zu bringen. Da haben wir noch viel Klärungsbedarf.