Politik konkret: Ist eine andere Wirtschaftsordnung mit dem Grundgesetz vereinbar?

Politik konkret

17.07.2024 19:30 - 19:30 Uhr
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„Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs stellte Kapitalismuskritik noch eine mehrheitsfähige gesellschaftliche Strömung dar. Das zeigt sich unter anderem in Artikel 15 des Grundgesetzes, auf den sich die Kampagne Deutsche Wohnen & Co. enteignen bezieht. Dieser besagt: »Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.« Es gibt also keine »Gewährleistungsgarantie« für das Eigentum – Eingriffe ins Eigentum sind explizit vorgesehen; sie müssen jedoch begründet und mit dem Eigentumsrecht abgewogen werden. Praktisch angewendet wurde Artikel 15 bislang noch nie.

Der Verfassungsrechtler und selbst erklärte »marxistische Sozialist« Wolfgang Abendroth interpretierte das Grundgesetz in den 1950er Jahren als einen Klassenkompromiss, der die Wirtschaftsordnung »zur Disposition der Gesellschaft [stellt], die sich im demokratischen Staat selbst bestimmt«. In anderen Worten: Die Verfassung ist nicht auf die kapitalistische Wirtschaftsordnung festgelegt. Auch der national-konservative Staatsrechtslehrer Hans Ipsen argumentierte in einem Vortrag von 1951, dass eine »Ablösung der kapitalistischen Ordnung … ohne einen Bruch der legalen Kontinuität« durch Artikel 15 möglich sei. 

Abendroth interpretierte die Verfassung als widersprüchliches Kräfteverhältnis, das sowohl als Garant der kapitalistischen Ordnung als auch als Vehikel für deren Transformation fungieren kann. Ob das Grundgesetz zur Wahrung oder Überwindung der kapitalistischen Eigentumsordnung angewendet wird, wäre nach Abendroth damit eine Frage der gesellschaftlichen Hegemonie: »Wenn nämlich der Widerstand stets erfolgreich ist, entwickelt sich das Klassenbewusstsein der ungeheuren Majorität der Bevölkerung … dahin, dass sie dann die Möglichkeit des Art. 15 des Grundgesetzes nutzt«. Abendroth, der in den 1920er und 30er Jahren noch dafür eingetreten war, die Verfassung der Weimarer Republik durch eine Räteverfassung und den Staatsapparat durch einen Rätestaat zu ersetzen, sieht hier die Möglichkeit eines demokratischen Übergangs zum Sozialismus unter Verwendung von Artikel 15.“ (Samuel Decker, Mit dem Grundgesetz in den Sozialismus?, in: Jacobin, 21.05.2021, siehe: https://www.jacobin.de/artikel/grundgesetz-sozialismus-artikel-15-verges...).

Der Referent geht der Frage nach, inwieweit heute die Vorstellung einer anderen Wirtschaftsordnung von verschiedenen Parteien und Gruppen aufgegriffen wird und wie diese umgesetzt werden sollen.

Einführung: Uwe Hiksch, NaturFreunde Deutschlands

Die Veranstaltung wird von der Landeszentrale für politische Bildung gefördert.

Ort/Unterkunft/Treffpunkt: 
Zoom: https://zoom.us/j/526339150,
Auskunft & Anmeldung: 

NaturFreunde Berlin, Uwe Hiksch, (0176) 62 01 59 02, hiksch@naturfreunde.de

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