Online-Vortrag im Rahmen der Vortragsreihe Treffpunkt i
Fritz Lamm ist einer der großen Streiter einer undogmatischen Linken. Nie fand er sich mit den einengenden Vorgaben der traditionellen Parteien der politischen Linken ab, kam aufgrund seiner klaren Überzeugung immer wieder in Konflikt mit der Parteibürokratie und fand in den Hauptparteien der politischen Linken keine politische Arbeitsmöglichkeit. Er war mitten in den Auseinandersetzungen der Arbeiter*innenbewegung aktiv und hat ohne Pause und aus tiefster Überzeugung für eine bessere Welt und gegen autoritäre Formen in Sozialdemokratie und Parteikommunismus gefochten. Fritz Lamm stand für eine Linke in Bewegung und lehnte eine sozialdemokratische oder kommunistische ‚Staatslinke‘ ab. Die NaturFreunde, die Gewerkschaft und sein vielfältiges Engagement in der Friedensbewegung waren für ihn Orte, um seine Überzeugung in die Gesellschaft zu tragen. Innerhalb der NaturFreunde fand er eine offene Diskussionskultur, die sich nicht gegenüber einzelnen Strömungen und Traditionen innerhalb der politischen Linken abgrenzte. Hier suchte er den Austausch, die Diskussion und durchaus auch den Streit, wenn es um die Beibehaltung einer sozialistischen Grundüberzeugung bei den NaturFreunden ging.
Fritz Lamm wurde 1911 als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie geboren. Ab April 1920 engagierte er sich im deutsch-jüdischen Wanderbund ‚Kameraden‘, in dem er sich immer mehr dem sozialistischen Flügel zuwandte. Ende 1930 trat er aus dem Wanderbund aus und wurde gleichzeitig Mitglied in der SPD, der SAJ und bei den NaturFreunden. 1931 trat er dem sozialistisch orientierten Zentralverband der Angestellten bei.
Fritz Lamm war ein unbeugsamer, überzeugter Sozialist. 1931 wurde er gleich zwei Mal aus der SPD ausgeschlossen. Ein Grund war seine Mitgliedschaft bei der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG), für die zu diesem Zeitpunkt eine Nichtvereinbarkeit mit der SPD-Mitgliedschaft vorlag. Fritz Lamm wurde dann Gründungsmitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAJ) und Mitglied des Sozialistischen Jugend-Verbandes Deutschlands (SJVD).
Nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 wurde er für fünf Tage von den Nazis in ‚Schutzhaft‘ genommen. Am 2. Januar 1934 wurde er vom 4. Strafsenat des Reichsgerichts in Leipzig wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ – Herstellung und Verbreitung illegaler Schriften – zu 2 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt. Seine Haftstrafe musste er im Strafgefängnis Naugard ableisten. 1936 gelang Fritz Lamm seine Flucht in die Schweiz. Dort wurde er von den Schweizer Behörden verhaftet und nach Österreich abgeschoben. Von Österreich aus gelang ihm die Flucht in die Tschechoslowakei.
1938 kam Lamm nach Paris und arbeitete für die Sozialistische Arbeiterpartei. Dort wurde er verhaftet und saß sechs Wochen im Pariser Zentralgefängnis und später als „feindlichen Ausländer“ im Lager Vernet d'Aridge. Mit gefälschten Ausreisepapieren konnte er im März 1942 nach Kuba emigrieren. Erst 1948 konnte Fritz Lamm nach Deutschland zurückkehren. Hier arbeitete er bis zu seiner Rente als Angestellter bei der Stuttgarter Zeitung und wurde dort Betriebsratsvorsitzender. Er wurde in der IG Druck und Papier und der SPD, in die er 1948 wieder eintreten konnte, aktiv. Fritz Lamm vertrat bis zu seinem Tod immer linkssozialistische Positionen. Deshalb wurde er 1963 wieder aus der SPD ausgeschlossen. Der überzeugte Atheist war auch Mitglied bei den Stuttgarter Freidenkern.
Als Fritz Lamm 1948 nach Deutschland zurückkehren konnte, wurde er sofort wieder Mitglied bei den NaturFreunden. 1969 wurde er zum Bundes-Kulturreferenten der NaturFreunde Deutschlands gewählt. Innerhalb der NaturFreunde engagierte er sich für eine eigenständige, bewegungsorientierte Ausrichtung als politischer Freizeitverband und bezog Stellung gegen die unpolitische Ausrichtung eines Teils des Verbandes. Als Kulturreferent der NaturFreunde Deutschlands war sein Ziel, eine im Hier und Jetzt verankerte linke Kulturarbeit voranzutreiben.
Fritz Lamm hat maßgeblich die politische Ausrichtung der Naturfreundejugend mitgeprägt. Gemeinsam mit der Naturfreundejugend war er in der Anti-Atomtod-Bewegung und der späteren Ostermarschbewegung aktiv. Er engagierte sich auch im 1969 gegründeten Sozialistischen Büro.
Fritz Lamm war ein Sozialist der Tat. Er wollte die Gesellschaft verändern, Menschen für die Schaffung einer gerechten Gesellschaft werben und zur Befähigung des Menschen als kritischen, selbst denkenden politischen Linken, ohne dogmatische Vorgaben, beitragen.
Fritz Lamm war einer der Großen bei den NaturFreunden. Im Rahmen der Reihe „Treffpunkt i“ wollen sich die Referent*innen mit Fritz Lamm und seinem Wirken, aber auch mit der Frage, was Fritz Lamm heute für die NaturFreunde zu sagen hat, beschäftigen.
Referent*innen:
Heinz Kopp, NaturFreund und Autor
Regina Schmidt-Kühner, Bundesvorstand NaturFreunde Deutschlands
Der Vortrag ist Teil der Vortragsreihe "Treffpunkt i" und findet über das Programm Zoom statt. Die Einwahldaten erhältst du nach deiner Anmeldung.
NaturFreunde Bundesgeschäftsstelle
(030) 29 77 32-60
Anmeldung über das untenstehende Formular.