Wenn die Cloud das neue Normal ist

So funktioniert digitale Gremienarbeit bei der Naturfreundejugend

© 

Plötzlich fällt der Cloud-Server aus. Wir sind mitten im ersten komplett digitalen Bundesausschuss der Naturfreundejugend Deutschlands und im Chat des Orgabüros bricht Hektik aus. Doch schnell stellen wir fest: Die Delegierten können auf die Dokumente zugreifen. Der Ausfall ist glücklicherweise nur lokal und auf die strenge Firewall zurückzuführen. Die Delegierten haben nichts bemerkt, wir atmen auf.

Treffen auf Zoom
Der Dienst für Online-Videokonferenzen: Delegierte wählen sich per Computer oder Telefon ein, können sich sehen und unterhalten. Versammlungen bis 30 Teilnehmende lassen sich sehr gut moderieren, bis 50 ganz gut. Mit mehr Personen wird es immer schwieriger für Moderation wie Teilnehmende. Schnell hat man die wichtigsten Funktionen raus, der Dienst läuft intuitiv und stabil. Hilfreich sind auch die virtuellen Besprechungsräumen, in denen Teilnehmende in kleinerer Runde diskutieren können.
Fazit gut geeignet für Verbandstreffen oder Vor-standssitzungen
Kosten keine bis 100 Teilnehmende / 40 Minute
www.zoom.us

Beraten mit Antragsgrün
Das Werkzeug für virtuelle Antragsberatungen: Anträge lassen sich vorab hochladen und diskutieren, ebenso Änderungsanträge. Auch können Antragsfristen festgelegt werden. Während der Antragsberatungen können die Delegierten Änderungen live mitverfolgen. Das System ist sehr flexibel und angpassungsfähig. Administrator*innen müssen sich etwas einarbeiten, Delegierte finden sich mit entsprechender Anleitung schnell zurecht. Tipp: Antragsgrün auch auf Präsenztreffen für Beratungen nutzen.
Fazit sehr gut geeignet für die gemeinsame Antragsarbeit
Kosten keine
https://antragsgruen.de

Abstimmen auf NemoVote
Das Abstimmungstool für Wahlen und Beschlüsse: Stimmen fließen in Echtzeit in das Ergebnis ein. Delegierte können gleiche und gewichtete Stimmrechte erhalten. Abstimmungen lassen sich leicht vorbereiten, es gibt eine Zeitsteuerung, spontane Stimmungsbilder sind schnell erhoben. Moderator*innen können auch leicht auf die geänderte Anzahl von Delegierten reagieren. Für einen transparenten Prozess ist es wichtig, dass die Sitzungsleitung Änderungen der Stimmverteilung offen kommuniziert und protokolliert.
Fazit praktisches Tool für jede Abstimmung
Kosten keine bis 15 Teilnehmende
www.nemovote.com

Analoge Gremiensitzungen führt die Naturfreundjugend schon seit hundert Jahren durch. Im Corona-Lockdown waren Präsenzsitzungen jedoch nicht möglich. Wie sollte diese Expertise in den virtuellen Raum übertragen werden? Kabelsalat statt Kaffeekochen? Eine komplett digitale Bundesausschusssitzung lässt sich natürlich nicht von heute auf morgen umsetzen. Zunächst haben wir in Online-Seminaren sowie im Austausch mit anderen Verbänden viel neues Wissen angeeignet. Danach wurden die neuen digitalen Werkzeuge und Abläufe zuerst bei kleineren Formaten ausprobiert. Dabei funktioniert natürlich nicht alles auf Anhieb, aber die Teilnehmenden verzeihen das.

Mit der Zeit kristallisierten sich so einige prak-tische neue Werkzeuge für die digitale Verbandsarbeit heraus. Zentral ist für uns dabei eine Plattform für Online-Videokonferenzen (zum Beispiel Zoom oder BigBlueButton), auf der wir uns sprechen und sehen können. Natürlich fehlt dort viel von der Atmosphäre persönlicher Treffen, aber die Alternative wäre ja, sich überhaupt nicht zu treffen. Für den kurzen Austausch während der Vorbereitungen oder in einer Sitzung nutzen wir Chatprogramme, die sich auch auf dem Computer installieren lassen (etwa Telegram oder Threema). Anträge beraten wir über eine Onlineplattform, die kollaboratives Arbeiten ermöglicht (▷ Antragsgrün). Nicht zuletzt muss über Anträge auch abgestimmt werden, was wir über ein digitales Abstimmungstool realisieren (▷ NemoVote).

Und die Gremienunterlagen? Noch vor einigen Jahren haben wir Dutzende prall gefüllte Großbriefe an die Delegierten verschickt. Die Umstellung auf digitale Gremienunterlagen hatte zum Glück schon vor der Corona-Pandemie stattgefunden. Wir stellen sie den Delegiert*innen auf einer eigenen Cloud zur Verfügung (▷ Wolkesicher). Bei so viel neuen Werkzeugen gibt es natürlich auch neue Probleme. Deshalb versuchen wir immer mit einer Absicherung zu arbeiten. So gibt es bei Veranstaltungen zum Beispiel immer mindestens zwei Personen mit Administrationsrechten, die alle Tools benutzen können. Dokumente werden auf einer Ersatzcloud bereitgehalten, und wenn das Internet an einer Stelle ausfällt, spring der*die Ersatzmoderator*in ein.

Der Aufwand ist nur am Anfang groß. Beim nächsten Mal ist das alles schon Routine, das neue Normal. Auf unserem digitalen Bundesausschuss liegen wir sogar im Zeitplan. Die Sitzungsleitung ist irritiert, aber die Delegierten sind zufrieden.

Conrad Ambrée / Severin Goerss