Wenn Ex-Automanager die Geschäfte der Bahn leiten ...

Ein Western ohne Eisenbahn? Unmöglich! Heute gibt es trotz einiger positiver Signale nur noch einen Bruchteil des einstigen Bahnnetzes in den USA. Wie kam es dazu, dass in dem Land mit dem einst größten Eisenbahnnetz die Bahn derart schrumpfte?

Eine Antwort darauf gibt ein Untersuchungsausschuss des US-Senates aus dem Jahre 1949, sowie eine für den US-Senat verfasste Studie von Bradford C. Snell aus dem Jahre 1974 (Snell-Studie). Ihr zufolge haben Firmen wie General Motors, Ford, Chrysler, Standard Oil und Firestone mit krimineller Energie die Verlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße betrieben. Schienennetze wurden aufgekauft und zu Gunsten des Busverkehrs stillgelegt (siehe auch diesen Text).

In Deutschland hingegen, so könnte man meinen, besorgen Ex-Manager aus der Autoindustrie den Rückbau ganz kostenlos. Erinnert sei an Heinz Dürr, Großaktionär der Dürr AG (Maschinen- und Anlagenbau für die Autoindustrie). Er stand der Bahn von 1991 bis 1997 vor. Gefolgt von Hartmut Mehdorn, einem Manager des Daimler-Benz-Imperiums, der von 1999 bis 2009 der Bahn vorstand. Und seit 2009 bis heute steht Rüdiger Grube, ebenfalls ein Manager des Daimler-Imperiums, an der Spitze der Bahn.

In die Zeit der drei Ex-Automanager wurde die Bahn zurückgebaut, angefangen von Streckenstilllegungen, gefolgt von Milliardeninvestitionen im Ausland, in den Busverkehr und Investitionen in die LKW-Spedition Schenker. Für die Ölscheichs am Arabischen Golf plant die Bahn das Schienennetz.

Streckenstilllegungen und Vernachlässigung der Infrastruktur

Und was treibt die Bahn in ihrem eigentlichen Kerngeschäft? Neben dem Rückbau des Schienennetzes, Abbau von Weichen und damit Wegfall von Überholmöglichkeiten, Vernachlässigung der Infrastruktur und der Bahnhöfe, werden die Autoreisezüge und die Nachtzüge eingestellt. Und dann noch die mehr als schwierige Fahrradmitnahme im Fernverkehr.

Die NaturFreunde Radgruppe Stuttgart Radgruppe hatte sich an den Aufsichtsrat der Bahn bezüglich der mehr als bescheidenen Fahrradmitnahme im Fernverkehr gewandt. Die Antwort ist bezeichnend:

„Generell haben wir mit der im Frühjahr 2015 bekannt gegebenen Angebotsoffensive unsere strategische Planung aufgezeigt, gerade auch im sogenannten Flächennetz,unsere IC-Verkehre massiv auszuweiten. Auf dem Weg zum Zielnetz 2030 werden schrittweise neue Verbindungen hinzukommen. Das IC-Produkt wird als verlässliches Merkmal die Fahrradmitnahme beinhalten.“

Und weiter: „Im Nachtreisezuggeschäft waren wir dagegen mit der Problematik konfrontiert, dass seit Jahren hohe Defizite in mehrstelliger Millionenhöhe entstanden. Daher wurde entschieden, jetzt notwendige hohe Investitionen in diesen Fuhrpark zu vermeiden und verlustbringende Verbindungen in dieser Form nicht mehr fortzusetzen.“

Die Antwort ist das Papier nicht wert, auf dem sie steht. Einer Vertröstung auf’ das Jenseits kommt der Hinweis auf die 2015 bekannt gegebene Angebotsoffensive gleich. Kein Wort davon, dass die Bahn erst Teile ihres Vermögens verscherbeln – neudeutsch an die Börse bringen – will beziehungsweise muss, um diese Angebotsoffensive vielleicht zu bewerkstelligen.

Angeblich hohen Defizite im Nachtreisegeschäft

Nicht besser vernebelt wird die Problematik der angeblich hohen Defizite im Nachtreisegeschäft. Kein Wort davon, dass bei den Nachtzügen nur die Fahrgäste in Liegewagen gerechnet wurden. Die Fahrgäste in den Sitzen wurden einfach den IC zugeschlagen und schon kommt man zu unrentablen Nachtzügen. Ganz zu schweigen davon, dass seit Jahrzehnten Investitionen in neue Nachtzugwagen verschlafen wurden.

Gar keine Antwort nötig hatte man auf folgende Fragen:

  • Verschlechterung des Angebots durch Wegfall der Nachtzüge (dadurch wird je Fahrtstrecke ein Tag mehr Urlaub benötigt);
  • Warum für den Nachtzug von Venedig nicht Fahrkarten für Zwischenhalte (z.B. Udine) gekauft werden können;
  • auf den Vorschlag Autoreisezüge und Nachzüge zusammen zu legen und damit rentabler zu gestalten;
  • Warum für die Buchung von Gruppenreisen mit Fahrrädern Stunden am Bahnschalter verbracht werden müssen.

Und ob diese Negativschlagzeilen nicht ausreichten, kommen jetzt noch die Horrormeldungen über den Kahlschlag im Güterverkehrsbereich. Hermann Abmayr hat dazu passend den sehenswerten Film „Wie die Bahn beim Gütertransport versagt“ gedreht.

In dieser Dokumentation wird ein Versagen der Bahn nach dem anderen aufgelistet. Bis hin zu dem Beispiel, dass die Bahn einem Steinbruch angekündigt hat, den Gleisanschluss still zu legen. Doch dieser beliefert die Bahn mit Gleisschotter – bislang umweltverträglich per Güterwagen. Zukünftig sollen Zehntausende Tonnen Schotter mit Tausenden Lkw-Fahrten zu Lasten von Mensch und Umwelt durch die Lande gekarrt werden.

Damit schließt sich wieder der Kreis und wir fragen uns, wann leiten endlich einmal Fachleute der Bahn dieses Unternehmen, damit es nicht heißt: Wenn EX-Automanager die Bahn …

Peter Pipiorke
NaturFreunde Radgruppe Stuttgart

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