Umwelt- und Verkehrsverbände wollen gegen das Demonstrationsverbot auf der Autobahn Klage einreichen und fordern gleiches Recht für zivilgesellschaftlichen Protest wie für die Autoindustrie
Bei der Radsternfahrt und Großdemonstration am 11. September werden mehrere zehntausend Demonstrant*innen mehr Klimaschutz und umweltfreundlichen Verkehr fordern. Die Route soll auch über wenige Kilometer Autobahn in München stadteinwärts führen, auf der A96 ab Freiham und auf der A94 ab der Messe. Dies hat die Versammlungsbehörde im Kreisverwaltungsreferat München dem IAA-Demo-Bündnis nun untersagt. Insbesondere die Autobahndirektion und die dem bayerischen Innenministerium unterstellte Polizei haben deutlich gemacht, dass sie Proteste auf der Autobahn grundsätzlich nicht wollen. Gegen dieses Verbot will das Aktionsbündnis beim Verwaltungsgericht München klagen.
Aus Sicht des Bündnisses muss es gerade auf der Autobahn – dem Symbol der deutschen Verkehrspolitik – möglich sein, für eine grundlegende Mobilitätswende zu demonstrieren. Zumal es der Autoindustrie während der IAA selbstverständlich gewährt wird, die Autobahn für die sogenannte „Blue Lane“ zu nutzen - eine extra eingerichtete Fahrspur auf der A94 von der Messe in die Innenstadt.
Mit der geplanten Fahrrad-Großdemo am 11.9. fordert das Bündnis unter anderem ein Tempolimit auf Autobahnen, einen sofortigen Bau- und Planungsstopp neuer Autobahnen, eine Halbierung des Autoverkehrs sowie die faire Verteilung des öffentlichen Raums mit Vorrang für Fuß, Rad- und öffentlichen Verkehr.
„Für die Autoindustrie wird der rote Teppich auf der Autobahn ausgerollt, der Protest dagegen aber soll dort verboten werden. Das ist ein Skandal. Das fadenscheinig begründete Verbot verdeutlicht einmal mehr, dass die Behörden dem Autoverkehr einen viel zu hohen Stellenwert einräumen“, sagt Andreas Schön, 1. Vorsitzender des ADFC München und Organisator der Radsternfahrt. „Wie gut Verkehrsinfrastruktur sein kann, wird für Radfahrende gerade bei einer Fahrt auf der komfortablen und breiten Autobahn erlebbar. Den Gegensatz zu unseren holprigen und schmalen Radwegen spürt man dort besonders deutlich. Das zeigt die unterschiedliche politische Wertschätzung der Verkehrsarten.“
Die Versammlungsbehörde listet zur Begründung des Verbots teilweise nicht nachvollziehbare mögliche Folgen der notwendigen Autobahnsperrungen auf. Unter anderem wird argumentiert, dass Verkehrsteilnehmer*innen längere Zeit bei Hitze im Stau stecken könnten. „Folgt man dem Bescheid, sind Reisen auf der Autobahn grundsätzlich unverantwortlich. Es gibt täglich Staus auf Autobahnen. Trotzdem käme niemand auf die Idee, den Autoverkehr oder Autobahnen generell zu verbieten. Anderen Städten gelingt es auch, den Verkehr vorübergehend umzuleiten“, erklärt Schön.
Die Klage gegen das Verbot wird derzeit vorbereitet. „Das Demonstrations- und Versammlungsrecht muss schwerer wiegen als der Anspruch, jederzeit und überall ungestört mit dem Auto fahren zu können“, erklärt das Demo-Bündnis.
Infos zur Demo
Für Samstag, 11. September, lädt das Bündnis #aussteigen zu einer Großdemonstration und Fahrradsternfahrt für mehr Klimaschutz im Verkehr und eine grundlegende Mobilitätswende ein. Tausende Radfahrer*innen werden aus verschiedenen Himmelsrichtungen nach München kommen, um sich dort einem Demonstrationszug anzuschließen.
Über das #aussteigen-Bündnis
Das Aktionsbündnis aus Allgemeinem Deutschen Fahrrad-Club e.V. (ADFC), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), Campact, Deutscher Umwelthilfe (DUH), Greenpeace, NaturFreunde Deutschlands und dem ökologischen Verkehrsclub VCD hatte sich bereits 2019 zum friedlichen Protest gegen die letzte in Frankfurt stattfindende IAA zusammengefunden. Neu dabei ist in diesem Jahr das globalisierungskritische Netzwerk Attac. Das Bündnis der Umwelt- und Verkehrsverbände fordert eine echte Mobilitätswende mit deutlich reduziertem Autoverkehr und viel mehr Fuß-, Rad- und öffentlichem Verkehr.