Am 11. Juni hat der Bundestag das Lieferkettengesetz (offizieller Name: „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“) verabschiedet. Damit ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu mehr Unternehmensverantwortung in internationalen Lieferketten geschafft: Erstmals werden in Deutschland Unternehmen verpflichtet, Verantwortung für die Arbeitsbedingungen in ihren Lieferketten zu übernehmen. Doch das neue Gesetz hat auch Schwächen.
Im Jahr 2023 wird das Lieferkettengesetz in Kraft treten und zunächst für Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitenden mit Sitz oder Zweigniederlassung in Deutschland gelten; ab 2024 auch für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden. Insgesamt fallen dann ca. 5.700 Betriebe unter den Wirkungsbereich des Gesetzes. Das Gesetz verpflichtet diese Unternehmen, international anerkannte Menschenrechte und bestimmte Umweltstandards in ihrer Lieferkette zu beachten. Bisher hatte die Bundesregierung auf Freiwilligkeit der Unternehmen gesetzt, die UN-Leitlinien für Unternehmen und Menschenrechte umzusetzen. Das hatte nicht funktioniert.
Verhaltene Freude bei der Initiative Lieferkettengesetz
Das zivilgesellschaftliche Bündnis Initiative Lieferkettengesetz, in dem auch wir NaturFreunde Mitglied sind, setzt sich seit 2019 für ein Lieferkettengesetz ein. Als positiv bewertet die Initiative, dass Unternehmen nach dem nun verabschiedeten Gesetz präventiv handeln müssen. Zu den menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten gehört zum Beispiel auch die Einrichtung eines Risikomanagements, welches in Zukunft Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen vorbeugen könnte. Auch wird es per Gesetz behördliche Kontrollen geben, für die das Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle zuständig ist. Unternehmen, die gegen das Gesetz verstoßen, müssen mit Bußgeldern und dem Ausschluss von öffentlichen Aufträgen rechnen.
Neben vielen positiven Punkten bleibt das Gesetz jedoch in anderen Aspekten hinter den Forderungen der Zivilgesellschaft zurück. „Die Verabschiedung des Gesetzes ist ein wichtiges Zeichen. Dennoch bleibt viel zu tun“, meint Uwe Hiksch, Mitglied des Bundesvorstands der NaturFreunde. „Biodiversität und Klimawandel finden bislang nicht ausreichend Berücksichtigung.“
Eingeschränkter Wirkungsbereich und ausbleibende zivilrechtliche Haftung
Ein weiterer Kritikpunkt der Initiative ist der Wirkungsbereich der Sorgfaltspflichten. Diese werden nur für den eigenen Geschäftsbereich und die unmittelbaren Zulieferer gelten, nicht aber für mittelbare Zulieferer. Doch gerade bei den Zulieferern am Beginn der Lieferketten treten häufig Menschenrechtsverletzungen auf.
Auch fehlt eine zivilrechtliche Haftungsregel. Für Geschädigte bleibt es fast chancenlos, deutsche Unternehmen vor deutschen Zivilgerichten zur Verantwortung zu ziehen. Dennoch: Ein Anfang für mehr Gerechtigkeit in globalen Lieferketten ist gemacht.
Eine detaillierte Analyse des Gesetzes durch die Initiative Lieferkettengesetz ist hier nachzulesen.