Die Grundlage des Lebens

Boden ist ...

Waldboden
© 

… kostbar
In Brandenburg hat sich der Preis für Ackerland in den vergangenen 20 Jahren fast verdreifacht. Mussten 1995 für den Hektar 3.524 Euro gezahlt werden, so kostet dieser im Jahr 2015 ganze 8.533 Euro. Aber Brandenburg hat viel Land, deshalb ist Boden noch vergleichsweise billig. In Nordrhein-Westfalen dagegen kostet der Hektar derzeit 33.951 Euro, in Bayern sogar 39.797 Euro – in beiden Fällen über 10.000 Euro mehr als im Jahr 1995.

… immer häufiger asphaltiert
Die Verkehrsfläche pro Einwohner lag im Jahr 2013 bei durchschnittlich 224 Quadratmetern – die Wohnfläche hingegen bei 46 Quadratmetern. Das hat die „Allianz pro Schiene“ ermittelt. Allerdings gibt es beträchtliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. So hat der Stadtstaat Berlin statistisch gesehen mehr Wohnals Verkehrsfläche (40 zu 39 Quadratmeter), das Flächenland Brandenburg dagegen zehnmal mehr Verkehrs- als Wohnfläche pro Einwohner (449 zu 44 Quadratmeter). Die für Ernährung, Freizeitgestaltung, Bekleidung et cetera benötigten Flächen kommen natürlich noch obendrauf.

… trivial
Jeder trampelt ihn mit Füßen: Das, was unter unseren Schuhen ist, nehmen wir gar nicht mehr war als das, was es ist – ein Schatz. Die Humusschicht bildet die Schnittstelle zwischen der lebenden und der abgestorbenen Natur. Sie macht den Boden „bewohnbar“. Humus entsteht durch eine Vielzahl biochemischer Prozesse, die nach dem Absterben organischer Materie einsetzen. Extrem zeitaufwendige Prozesse: In Europa entsteht pro Jahr nur etwa 0,1 Millimeter neuer Boden, das macht einen Zentimeter in hundert Jahren. In menschlichen Zeiträumen betrachtet ist der Boden eine nicht erneuerbare Ressource: Bis sich fruchtbarer Boden gebildet hat, auf dem man Ackerbau betreiben kann, haben mehr als 100 Generationen Menschen gelebt.

… Kohlenstoffspeicher
Mehr als 99,95 Prozent des Kohlenstoffs der Erde sind im Boden in Form von Kalkgesteinen, Schiefern, Gashydraten, Öl, oder Kohle gespeichert. Allein der Humus bindet etwa 1.500 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Besonders wichtige Kohlenstoffspeicher sind die Moore: Weltweit nehmen Moore zwar nur drei Prozent der Landoberfläche ein, speichern aber 20 bis 30 Prozent des gesamten im Boden gelagerten Kohlenstoffs. Werden Moore jedoch trocken gelegt – wie beispielsweise nahezu überall in Deutschland – werden riesige Mengen Treibhausgase freigesetzt.

… Vielfalt
In einem Teelöffel Boden leben etwa eine Million Bakterien, 120.000 Pilze, 25.000 Algen – alle mikroskopisch klein. Im Zusammenspiel mit Bodentieren wie Regenwürmern, Milben, Insektenlarven, Springschwänzen oder Asseln erfüllen sie wichtige Funktionen des Stoffkreislaufes – und bilden stabilen Dauerhumus. In einem Quadratmeter Boden leben bis zu über eine Billion Bodenlebewesen. Auf einen Hektar hochgerechnet ergibt das circa 15 Tonnen Lebendgewicht – so viel wie 20 Kühe. Wissenschaftler schätzen, dass mindestens ein Viertel aller Arten im Boden leben.

… Nahrungsspender
Auf 14 Millionen Quadratkilometern der Erdoberfläche wird heute Ackerbau betrieben, weitere 35 Millionen Quadratkilometer werden als Weideland genutzt. Zum Vergleich: Russland ist 17 Millionen Quadratkilometer groß. Statistisch betrachtet stehen aktuell jedem Menschen 0,002 Quadratkilometer landwirtschaftlicher Fläche für seine Versorgung mit Nahrungsmitteln, aber auch Baumwolle, Holz oder Schuhleder, zur Verfügung. Und obwohl die Menschheit bald auf neun Milliarden Menschen angewachsen sein wird, verliert die Menschheit immer mehr landwirtschaftlich genutzten Boden durch Erosion. Seit 1945 summiert sich die von der sogenannten Bodendegradation betroffene Fläche nach Berechnung der University of Washington auf weltweit mehr als 14 Millionen Quadratkilometer. Das entspricht der Landfläche von China und Indien zusammen.

… politisch
Eben weil der Boden so wichtig ist, muss die Politik sich darum kümmern. Vor der Europawahl 2014 schoben die EU-Politiker ein europaweites Gesetz zum Schutz des Bodens allerdings auf die lange Bank. In vielen EU-Ländern gibt es Widerstand gegen einen gesetzlichen Schutz des Bodens, auch in Deutschland. Doch nur neun der 28 EU-Mitgliedsstaaten verfügen über solche Gesetze, eine europäische Regelung wäre dringend notwendig. Immerhin hat die UNO das Jahr 2015 zum „Internationalen Jahr des Bodens“ gemacht – um den Bodenschutz auch politisch ins Rampenlicht zu rücken.

…. Hunger
In biblischen Zeiten gab es keine Konkurrenz um den Boden zwischen Mensch und Wiederkäuern. Denn Tieren gelingt es auch noch solche Kohlehydrate auszubeuten, die für den Menschen unverdaulich sind – Zellulose zum Beispiel. Dann aber machte der Mensch aus den Wiederkäuern „Nutztiere“, die er mit eiweißhaltigem Kraftfutter optimierte. Heute landen weltweit 57 Prozent der Gerste-, Roggen-, Hafer- oder Maisernte im Futtertrog. Um einen einzigen Hamburger produzieren zu können, werden deshalb 3,61 Quadratmeter Ackerland ein Jahr lang bewirtschaftet, ein Schweinebraten schlägt mit 3,12 Quadratmetern zu Buche, die Rostbratwurst mit 2,26 Quadratmetern. Knapp ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Böden dient dem Anbau von Futtermitteln – und das, obwohl weltweit 795 Millionen Menschen hungern und jedes vierte Kind chronisch unterernährt ist. Allein in Deutschland wurden im Jahr 2012 über 58 Millionen Schweine geschlachtet. In deren Trog war ziemlich sicher Sojafutter aus Südamerika oder Asien.

Zusammengestellt von Nick Reimer
Der Artikel ist zuerst erschienen in NATUTRFREUNDiN 3-2015.