Die NaturFreunde Hamburg "snacken" sie noch: Plattdeutsch – die Sprache der „kleinen Leute“

© 

Eine Sprache oder ein Dialekt? Der lange Streit darüber, welchen Status dem Plattdeutschen beziehungsweise dem Niederdeutschen zuzuschreiben ist, wurde Ende des 20. Jahrhunderts beendet, als es durch die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen offiziell und international als Sprache anerkannt wurde. Sprachwissenschaftler_innen gehen davon aus, dass heute vier bis fünf Millionen Menschen Plattdeutsch sprechen, dessen Sprachgebiet sich nördlich der „Benrather Linie“ (diese verläuft von Benraht am Rhein über Göttingen bis Frankfurt an der Oder) erstreckt.

Einst war Plattdeutsch die Sprache des „einfachen Volkes“ – die Bezeichnung „Platt“ wurde als Gegenbegriff zur lateinischen, für weite Kreise der Bevölkerung nicht verständlichen Gelehrtensprache eingeführt. In der Hanse-Zeit entwickelte sie sich – neben dem Lateinischen – zu einer dominierenden Sprache (mündlich und schriftlich), so dass ihre Loslösung vom sprachlichen Raum Deutschlands und die Etablierung einer neuen eigenständigen Sprache nicht gänzlich ausgeschlossen schien. In dieser Zeit entstanden auch zahlreiche schriftliche Dokumente und Bücher in niederdeutscher Sprache.

Mit dem Niedergang des Städtebündnisses wurde das Plattdeutsch immer mehr vom Hochdeutschen, die Sprache des gebildeten Bürgertums, verdrängt und wurde zur Alltagssprache der „kleinen Leute“, insbesondere auf dem Lande. Diese Verdrängung setzte sich auch im 20. Jahrhundert als Ergebnis von „Modernisierungsprozessen“ aber auch von Migrationsprozessen in Folge der Weltkriege fort. Dies verdeutlicht einmal mehr, dass sprachliche Entwicklungen mit historischen, kulturellen und gesellschaftspolitischen Entwicklungen zusammenhängen.

Die NaturFreunde Hamburg wollen mit ihrer Veranstaltungsreihe „Plattdüütsch Krink“ diese kulturellen Traditionen pflegen. Für die NaturFreunde führte der Kulturreferent der NaturFreunde Hamburg Walter Bräker (WB) ein Gespräch mit Hans-Heinrich Hinrichsen (HHH), einer der Organisatoren der Veranstaltungsreihe.

WB: Seit einigen Jahren organisiert ihr die Veranstaltungsreihe „Plattdüütsch Krink“. Was bedeutet eigentlich „Plattdüütsch Krink“?

HHH: „Plattdüütsch Krink“ bedeutet soviel wie „Plattdeutscher Kreis“. Es ist eine Veranstaltungsreihe mit niederdeutschen Autor_innen und Liedermacher_innen als Vortragende.

WB: Wie kam es dazu, dass die NaturFreunde Hamburg die Veranstaltungsreihe eingerichtet haben?

HHH: Im Stadtteil Eimsbüttel existierte bereits in früheren Jahren eine Veranstaltungsreihe dieser Art. Wegen mangelnden ehrenamtlichen Engagements schlief diese Aktivität ein. Wolfgang Lietz leitete in der Eimsbütteler NaturFreunde-Abteilung ähnliche interne Veranstaltungen, die er auf die lokale öffentliche Ebene hob, nämlich durch Wiederbelebung des „Plattdüütsch Krink“, den er jetzt mit der Unterstützung von weiteren NaturFreunden, darunter mir, leitet.

WB: Die Veranstaltungsreihe gibt es nun schon seit geraumer Zeit. Erzähl doch mal, wo und wie häufig findet sie statt und wie viele Gäste kommen normalerweise?

HHH: Die Veranstaltung findet im „Hamburghaus“ statt. Das ist ein überregionales Kultur- und Bürgerzentrum in Hamburg-Eimsbüttel. Zu den einmal im Monat stattfindenden Veranstaltungen kommen zwischen 70 und 140 Teilnehmer_innen, durchschnittlich 112 Leute.

WB: Im Mittelalter sprach man in Norddeutschland niederdeutsch. Daraus ist das Plattdeutsche entstanden. Im Hamburg-Lexikon steht, dass in Hamburg in den letzten zwei Jahrhunderten überwiegend „missingsch“ gesprochen wurde, einer Mischung aus Plattdeutsch, Hochdeutsch und Bruchstücken der Sprachen der in Hamburg anlandenden Seeleute: Englisch, Niederländisch usw. Worauf ist euer Augenmerk bei der Auswahl gerichtet?

HHH: Unser Schwerpunkt liegt auf dem Plattdeutschen aus Hamburg und Umgebung. Einzelne Vortragende, besonders Jochen Wiegandt, vor langen Zeiten Mitglied von „Liederjahn“, singen oder erzählen aber auch „missingsche“ Texte.

WB: In Hamburg wird hochdeutsch manchmal mit einer leicht norddeutschen Färbung gesprochen. Platt und Missingsch höre ich aber nur noch selten. Worauf beruht das dennoch große Interesse an den Veranstaltungen?

HHH: Die Vortragenden sind den Teilnehmer_innen durch Kulturveranstaltungen und durch die Medien, hauptsächlich Hörfunk und Bücher, bekannt. Sie ziehen durch die unterhaltsame Art ihrer Darbietung Leute an. Themen sind oft vergangene Lebenswelten, das, was viele der zumeist älteren Besucher_innen an ihre Kindheit und Jugend erinnert. Aber oft sind es auch die witzigen, seltsamen Eigenheiten von Personen, die gut ankommen.

WB: Wie findet ihr eure Vortragenden?

HHH: Wolfgang Lietz hat gute Kontakte zum Verein der Hamburger, der sehr aktiv in der plattdeutschen Kultur ist, und nimmt den Kontakt zu den Vortragenden diverser Veranstaltungen im Hamburger Raum auf.