Rede von Jannis Pfendtner, Naturfreundejugend Deutschlands, auf der "Ein Europa für Alle"-Demonstration in Leipzig
Wir alle haben uns heute hier versammelt, weil wir es nicht mehr aushalten, dass Rechte und Rechtsextreme zurück zum egoistischen Nationalismus wollen. Weil wir keine Lust mehr auf eine Wirtschaftsunion haben, die so oft nur dem Nutzen der Großkonzerne dient und so oft auf Kosten von uns Vielen handelt. Weil wir nicht akzeptieren können, dass die Menschen, die aus Tausend Gründen ihre Heimat verlassen müssen, in Folterlagern in Libyen verschwinden oder im Mittelmeer sterben oder dass die Seenotretter*innen, die helfen wollen, zu Kriminellen gemacht werden.
Und wir haben uns auch hier versammelt, weil wir wissen, dass es anders geht: Dass wir in Europa friedlich miteinander leben können, dass wir als Bewohner*innen auf diesem Kontinent füreinander einstehen können. Und das gilt in unseren jeweiligen Ländern, aber auch in ganz Europa. Was nicht passieren darf, ist, dass – abgewandelt nach Bertolt Brecht – die Menschen in einem Land heute denken: "Wärt ihr nicht reich, wären wir nicht arm."
Die autoritäre Krisenpolitik der letzten zehn Jahre hat Länder wie Griechenland und Spanien verarmen lassen, und vor allem den jungen Menschen alles genommen. Noch heute sind in Griechenland 40 Prozent der jungen Menschen arbeitslos, in Spanien und Italien ein Drittel aller jungen Menschen! Und die Krise 2008 ist jetzt schon ganz schön lange her!
Wir brauchen deshalb eine europäische Gemeinschaft, in der alle gut leben können – eine europäische Gemeinschaft, in der wir uns gegenseitig unterstützen und helfen – und das ist dabei auch das beste Rezept gegen Nationalismus!
Und deshalb fordern junge NaturFreund*innen heute auch wieder die Vergesellschaftung von Grundlagen des Lebens, wie beispielsweise Wohnraum oder Wasser. Keine Profite auf dem Rücken unserer Grundbedürfnisse!
Und keine Profite zulasten unserer Lebensgrundlagen! Wir haben uns hier versammelt, weil wir alle wissen, dass die Klimakrise und das Artensterben Herausforderungen sind, vor denen wir nicht mehr wegschauen dürfen! Und ehrlich gesagt: Nicht mehr wegschauen können. Im Jahr 2009 hat die BRD 908.000 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente ausgestoßen, im Jahr 2018 waren es noch ganze 856.000 t – das sind nach zehn Jahren gerade mal fünf Prozent weniger!
Jetzt schmilzt die verbleibende Zeit dahin: Selbst die jetzigen Regierungen akzeptieren, dass wir die Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 erreichen müssen. Und um bei weniger als zwei Grad zu landen, müssen wir sie noch viel, viel schneller erreichen. Wie Greta Thunberg zu Recht sagte: „Ich will, dass ihr in Panik geratet.“
Als Naturfreundejugend können wir dazu nur sagen: Ja, wir müssen der Wahrheit ins Auge blicken und wir müssen die Panik spüren. Denn dann können wir die notwendige Energie entwickeln, um Konflikte anzugehen und das Ruder herumreißen.
Doch das wird nicht gegen den Willen der Nationalist*innen, Klimaleugner*innen und vieler Konzerne gehen. Seid deswegen auch über heute hinaus mit uns und vielen anderen am Start, wenn diesen Sommer in ganz Europa wieder Demonstrationen und Klimacamps und ziviler Ungehorsam stattfinden – es braucht diesen Druck!
Und für uns als NaturFreunde gilt immer: das Ökologische und das Soziale zusammendenken! Denn Gerechtigkeit unter den Menschen und ein Leben im Einklang mit unserer Umwelt gehören untrennbar zusammen.
Lasst uns also wieder mutig sein und fragen und diskutieren: Warum gibt es in der Europäischen Union nach Jahrzehnten noch keine sozialen Mindeststandards? Wie viele Aktiengesellschaften, die Mieter*innen ausbeuten und unter Druck setzen, können wir uns leisten? Und wie lange können wir noch Politik akzeptieren, die Jahrzehnte im Angesicht der weltweiten Klimakatastrophe nicht handelt?
Diese Fragen müssen wir stellen und unsere Antworten darauf geben: Unser Europa ist solidarisch, ökologisch und friedlich. Zusammen können wir es erreichen!
Ein Europa Für Alle - 150.000 Menschen in 7 deutschen Städten - Youtube.com