Lehrteamerin Sabine Müller erklärt den Einfluss des Klimawandels auf das Wandern
Sabine Müller aus Regensburg ist Mitglied des Bundeslehrteams Wandern sowie des Bundeslehrteams Sport und Natur. Unser Mitgliedermagazin NATURFREUNDiN hat mit ihr über die Auswirkungen des Klimawandels auf den Natursport gesprochen.
NATURFREUNDiN: Sabine, du bildest für die NaturFreunde Wanderleiter*innen aus. Wenn wir an das katastrophale Unwetter Mitte Juli in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zurückdenken: Wie stark wirkt sich der Klimawandel mittlerweile auch auf das Risiko bei Outdooraktivitäten aus?
Sabine Müller: Lass mich zuerst betonen, dass bei Unwetterwarnung jegliche Natursport-Aktivität unterbleiben sollte, insbesondere mit Gruppen. Das Wetter wird grundsätzlich immer herausfordernder. Als Outdoorsportler*in muss man das Risiko von sehr heftigen Gewittern mit Orkanböen, Starkregen, Hagelstürmen, sogar Überflutungen und Erdrutschen heute immer irgendwo mitdenken. Auch Hitze und Trockenheit: Waldbrandwarnungen sollten genau beachtet werden. Das Waldgesetz verbietet offenes Feuer im Wald, teils ganzjährig. Bitte also auf keinen Fall im Wald rauchen und achtet auch auf weggeworfenes Glas und Plastik, es kann wie ein
Brennglas wirken!
Was empfiehlst du Natursportler*innen, wenn es plötzlich blitzt?
Bitte Wald und überhaupt Bäume meiden: Viele sind durch die vergangenen Trockenjahre geschädigt und haben abgestorbene Äste. Gewitterböen brechen diese leicht ab, wobei selbst ein kleiner Ast aus großer Höhe zu Verletzungen führen kann. Der wichtigste Tipp lautet: In die Hocke gehen und sich so klein wie möglich zusammenkauern.
Ist das Risiko bei Unwettern in den Bergen eigentlich höher?
Wir haben bei der Unwetterkastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gesehen, was große Wassermengen anrichten können, wenn sie aus der Höhe ins Tal fließen. In hohen Lagen kann es zudem sehr plötzlich zu Gewittern oder Kälteeinbrüchen mit sogar Schneefällen kommen. Auch im Herbst oder Frühling muss dabei mit Lawinen oder abgehenden Schneebrettern gerechnet werden. Und Nebel im Gebirge kann dir ganz plötzlich die Orientierung rauben. Ohne entsprechende Erfahrung, geeignete Ausrüstung und Planung sollte deshalb niemand in die Berge gehen. Viele Unfälle im alpinen Bereich entstehen aber letztlich durch Selbstüberschätzung. Man kennt das Gelände nicht, ist nicht sicher auf steilem oder rutschigem Untergrund bis hin zu Klettersteigen und macht sich auch nicht sachkundig bei der Tourenplanung. Zudem ist das Raufgehen meist einfacher als der Abstieg, denn der erfordert mehr Konzentration. Und dann kann es auch bei gutem Wetter schnell zu Unfällen kommen.
Kehren wir zurück ins Tal: Wie bereite ich mich auf eine einfache Wanderung vor?
Je nachdem wo und wann ich wandern will, muss ich mich mit den lokalen Gegebenheiten auseinandersetzen. Im Flachland habe ich andere Anforderungen als im Gebirge, im Winter brauche ich eine andere Ausrüstung als im Sommer. Auch die Tageszeit spielt eine Rolle, nachts zum Beispiel kann eine Taschenlampe sinnvoll sein. Muss ich für andere mitdenken und mitplanen? Gibt es Teilnehmer*innen, die nicht so gut zu Fuß sind? In jedem Fall ist es wichtig, einen ganz aktuellen Wetterbericht einzuholen und die entsprechende Ausrüstung mitzunehmen.
Was sollte in jeden Wanderrucksack?
Ein Erste-Hilfe-Set muss mit. Auch die gute alte Wanderkarte ist immer sinnvoll, elektronische Geräte können ausfallen oder du hast keinen Empfang. Wetterabhängig dann wetterfeste Kleidung, Regenschutz, Kälteschutz und Sonnenschutz. Ausreichend Getränke sind auch wichtig, bei anstrengenden Strecken und Hitze steigt der Bedarf an Flüssigkeit. Eine individuelle Brotzeit, gegebenenfalls Teleskopstöcke, eine Sitzunterlage für die Rast und dann – ganz wichtig – ein Behältnis für individuelle Abfälle. Lass nichts im Wald zurück!
Die NaturFreunde haben einen großen Ausbildungsbetrieb im Bereich Wandern. Wird dort auch auf solche Fragen eingegangen?
Na klar: Der NaturFreunde-Grundlehrgang zum*zur Wanderleiter*in“ behandelt genau solche Themen und befähigt zum sicheren Führen von Gruppenwanderungen. Da werden Wanderplanung, Methodik und Didaktik, Führungstechniken, Ausrüstungsfragen, Orientierung, Wetterkunde, Erste Hilfe und auch rechtliche Fragen behandelt, zudem in einem großen Themenkomplex der Schutz von Natur und Umwelt. Aufbauend und vertiefend bieten wir unseren Wanderleiter*innen zudem Fortbildungen im
Schneeschuhwandern, Erlebnispädagogik oder zum Beispiel auch in Regionalkultur an, die sowohl lizenzverlängernd als auch wegbereitend zur Qualifikation Trainer*in C – Wandern sind. Und dann kann man sich von der Fachgruppe Bergsport auch im Bereich Bergwandern ausbilden lassen.
Interview: Maritta Strasser