Eine Analyse von Uwe Hiksch, Mitglied des Bundesvorstands der NaturFreunde Deutschlands
Der zwischen CDU/CSU und SPD ausgehandelte Koalitionsvertrag setzt weiterhin auf eine neoliberale Freihandelsagenda. Im Koalitionsvertrag wird das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) als Blaupause für weitere Abkommen gesehen. Auch ist es Ziel der neuen Regierungskoalition, die Verhandlungen für das Abkommen mit den USA (TTIP) wieder in Gang zu bringen.
Im Koalitionsvertrag wird angekündigt, dass Ziel der neuen Bundesregierung sei, „moderne und faire Freihandelsabkommen [...] mit Drittstaaten ab[zu]schließen“ (S. 13) und die „transatlantische Wirtschaftsbeziehungen [weiter zu] vertiefen“ (S. 13). Im Kapitel „Außenhandel“ wird gefordert, dass die Europäische Union „stärker und einheitlicher in der Handelspolitik“ (S. 65) auftreten soll. Weiter setzt die neue Bundesregierung „vorrangig auf multilaterale Vereinbarungen“ (S. 65), wobei „neben den Verhandlungen auf multilateraler Ebene bilateralen und plurilateralen Abkommen eine entscheidende Bedeutung für eine aktive Gestaltung der Globalisierung“ (S. 65) zukomme.
Dem Freihandelsabkommen EU – Kanada (CETA) werden im Koalitionsvertrag „zukunftsweisende Regelungen für den Schutz von Umwelt und Gesundheit, Arbeitnehmerrechten, öffentlicher Daseinsvorsorge und für einen fortschrittlichen Investitionsschutz“ (S. 66) zugeschrieben. Deshalb will die neue Bundesregierung „die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das CETA-Abkommen umfassend in Kraft treten kann“ (S. 66). Um den weltweiten Handel auszubauen sollen „die zentralen Institutionen eines regelbasierten, multilateralen Wirtschafts- und Handelssystems wie Welthandelsorganisation, OECD und Internationale Energieagentur, Internationaler Währungsfonds und die Weltbank“ (S. 154) gestärkt und „weitere Freihandelsabkommen mit hohen, verbindlichen Standards und unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft“ (S. 154) abgeschlossen werden.
Im Vorfeld des Koalitionsvertrages hatten sich die Mitglieder des Netzwerks Gerechter Welthandel mit einem offenen Brief an die SPD-Parteispitze und die sozialdemokratischen Teilnehmer_innen der Koalitionsverhandlungen gewandt, in dem sie forderten, CETA nicht zu ratifizieren. In dem Brief wiesen die Organisationen darauf hin, dass „der in CETA enthaltene Schutz von Arbeitnehmerrechten äußerst schwach“ sei und „die öffentliche Daseinsvorsorge in CETA nur unzureichend geschützt“ werde. Weiter machten sie in den offenen Brief darauf aufmerksam, dass den ausländischen Investoren nach der vollständigen Ratifizierung von CETA „weiterhin ein eigenes, privilegiertes Klagerecht außerhalb des deutschen und europäischen Rechtssystems“ gewährt werde.
Die NaturFreunde Deutschlands haben in ihrem Argumentationspapier „CETA verhindern – Nein zur Ratifikation des CETA-Vertrags im neuen Deutschen Bundestag“ eine deutliche Kritik am Freihandelsabkommen CETA formuliert.
In den nächsten Monaten werden sich die NaturFreunde weiter gegen die Ratifizierung des Freihandelsabkommen EU – Kanada (CETA) im Deutschen Bundestag einsetzen. Mit kreativen Aktionen werden die NaturFreunde Druck auf die Parlamentarier_innen ausüben, damit sie im Bundestag gegen die Ratifizierung stimmen. Von den Landesregierungen, in denen Bündnis 90/Die Grünen und die Partei DIE LINKE beteiligt sind, erwarten die NaturFreunde, dass sie im Bundesrat gegen CETA votieren oder mit ihren Landesregierungen mindestens eine Enthaltung durchsetzen. Vom Berliner Senat erwarten die NaturFreunde jedoch, dass er gegen CETA im Bundesrat abstimmen wird, da alle drei Parteien, die am Senat beteiligt sind, auf ihren Landesparteitagen ein klares Votum gegen CETA abgegeben haben.
Uwe Hiksch
Mitglied des Bundesvorstands der NaturFreunde Deutschlands